Unterschriftenaktion
und Kampagne „Gerechtigkeit im Fall Peter McBride“
Presseerklärung zur
Stationierung der beiden Mörder
des Iren Peter McBride
26.03.2001
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich wende mich an Sie als
Sprecherin der deutsch-irischen Solidaritätsgruppen im Fall des Iren Peter
McBride.
Seit Dezember letzten Jahres
sind wir mit dem deutschen Verteidigungsministerium und inzwischen auch mit dem
Auswärtigen Amt in Kontakt wegen der Stationierung zweier wegen Mordes zu
lebenslanger Haft verurteilter Gewalttäter in der britischen Rheinarmee.
Das Bundesministerium für
Verteidigung hat uns in einem Schreiben vom 31. Januar bestätigt, dass die
beiden Soldaten Mark Wright und James Fisher in Deutschland stationiert seien
und hat das Auswärtige Amt gebeten, „im Hinblick auf den Schutz der
Menschenrechte in Europa, zu prüfen, ob und ggfs welche Maßnahmen im
diplomatischen Bereich angezeigt sind.“
Das
Bundesministerium für Verteidigung hat in der Tat Anlass zur Sorge.
Handelt es sich doch um zwei Soldaten, die während einer Patroullie in
Belfast einen jungen Iren kaltblütig ermordeten. Das wirft die Frage auf, wie
ernsthaft die Armeen in Europa Rassismus in ihren Reihen bekämpfen.
Gerade im Hinblick auf die derzeitigen Bemühungen der Bundesregierung,
die Zunahme rechtsradikalen Gedankenguts in der Bundeswehr und
rassistisch motivierter Gewalttaten in unserem Land zu bekämpfen, ist die
Weigerung der britischen Armee, die beiden Soldaten zu entlassen und ihre
Stationierung in Deutschland ein Skandal.
Die Fakten in Kürze:
·
1992 töteten
zwei Soldaten der britischen Armee, die im Belfaster Stadtviertel New Lodge
patroullierten, einen unbewaffneten jungen Iren, der nur wenige Minuten, bevor
sie ihn erschossen, durchsucht wurde. Peters Name und Adresse war den Soldaten
aufgrund der täglichen Kontrollen an dieser Stelle bekannt. Sie wussten, dass
er nicht bewaffnet war und schossen ihn in den Rücken. Ein ziviles Gericht
verurteilte die beiden Soldaten 1995 wegen Mordes ohne mildernde Umstände zu
lebenslanger Haft.
·
Nach einer
Kampagne von Teilen der britischen Armee und der britischen Presse wurde die
beiden Soldaten nach drei Jahren im September 1998 von der damaligen
Nordirlandministerin auf Bewährung freigelassen.
Seither versucht die britische
Armee, durch Verharmlosung des Mordes „besondere Umstände“ zu
definieren, die laut ihrer eigenen Richtlinien nötig sind, um Straftäter vor
einer unehrenhaften Entlassung zu bewahren.
Jean McBride kämpft seit nunmehr über zwei Jahren mit Unterstützung
des in Derry ansässigen Menschenrechtszentrums Pat Finucane Centre gegen
diese Versuche der britischen Armee, den Mord an ihrem Sohn im nachhinein zu
legitimieren.
Bisher hat die Familie McBride
alle zivilen Gerichtsprozesse gewonnen. So wurden die „besonderen Umstände“,
auf die der Armeerat seine erste Entscheidung gründete, auf Antrag der Familie
McBride 1999 vom Belfaster High Court zurückgewiesen. Die Armee hatte
argumentiert, es gäbe keinen Vorsatz für die Tat, ein eindeutiger Versuch, das
zivile Gerichtsurteil, das keine mildernden Umstände anerkannte, de facto zu
revidieren. Die Armee wurde vom Gericht angewiesen, ihre Entscheidung durch
einen neuen Armeeausschuss zu überprüfen. Für die Armee war dies kein Grund,
ihre Entscheidung zu revidieren. Im November 2000 entschied sie erneut, die
beiden Soldaten in der Armee zu behalten. Auch gegen diese Entscheidung wurde
der Familie McBride eine gerichtliche Klärung vor dem Belfaster High Court
genehmigt. Der Gerichtstermin ist für Ende März vor dem Belfaster High Court
angesetzt.
Das
Engagement, das die britische Armee in diesem Fall an den Tag legt, ist nicht
anders zu interpretieren als anti-irischer Rassismus. Über 2000 Soldaten wurden
in den letzten zehn Jahren wegen zum Teil geringer Vergehen entlassen, um diese
beiden wegen Mordes Vorbestraften kämpft die britische Armee mit einem nicht
nachvollziehbaren Aufwand.
Proteste gegen diesen Skandal
sind mittlerweile international, der
irische Aussenminister Brian Cowen verurteilte am 13. Dezember 2000 in einer
Rede vor dem irischen Parlament, dem Dail Eireann , mit scharfen Worten die
Entscheidung des britischen Armeerates und versicherte die Familie McBride
seiner vollen Unterstützung.
Im scharfen Kontrast dazu gibt
es bei der britischen Armee keinerlei Anzeichen einer irgendwie gearteten
Aufarbeitung oder gar Verurteilung der Tat. Das Gegenteil ist der Fall: am
letzten Jahrestag der Ermordung Peter McBrides ging eine zynische Postkarte
„Merry Christmas from all ranks“ beim Pat Finucane Centre ein. Die Karte
stammte von in Kenia stationierten Mitgliedern der Scots Guards, des ehemaligen
Regiments der beiden Soldaten.
Die Haltung
der britischen Armee zeigt eine erschreckende Kontinuität.
Einer der
Mitglieder des Armeeausschuss, der die Entscheidung bezüglich der beiden
Soldaten traf, war General Mike Jackson. Mike Jackson war 1972 Adjutant des
Befehlshabers Wilford an „Bloody Sunday“, jenem Sonntag im Januar 1972, an
dem vierzehn unbewaffnete
Teilnehmer einer Bürgerrechtsdemonstration von britischen Soldaten ermordet
wurden. Kurze Zeit darauf wurden die Opfer zu Tätern erklärt, um die Soldaten
zu entlasten. Eine der umfangreichsten und teuersten Untersuchungen der
britischen Rechtsgeschichte befasst sich seit März vergangenen Jahres
mit der Schuld der britischen Armee an diesem Massaker. Heute weiß man,
dass damals Offiziere die Aussagen ihrer Untergebenen umformulierten, um die
Verbrechen zu verschleiern.
Das Auswärtige Amt hat in einem Antwortschreiben vom 2. März dieses Jahres mit dem Hinweis auf das anstehende Gerichtsverfahren und die fehlenden rechtlichen Möglichkeiten abgelehnt, in irgendeiner Weise in dieser Sache aktiv zu werden.
Wir fordern das Auswärtige Amt auf, in dieser Frage klar Stellung gegen Menschenrechtsverletzungen zu beziehen, erst recht dann, wenn es sich um Menschenrechte innerhalb Europas handelt.
Vor dem Hintergrund der Diskussion um rechtsradikale Gewalttaten in unserem Lande darf von offizieller Seite kein falsches Signal der Toleranz gegenüber Rassenhass und Gewalt ausgehen.
Wir bitten Sie, über diesen
Fall zu berichten, unseren Protest zu unterstützen und beiliegende Erklärung
zu veröffentlichen.
Selbstverständlich stellen
wir gerne weitere Informationen zur Verfügung.