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Nachtwachen in Belfast 26.6.2011 | Florian Osuch
In Nordirland bereitet sich die irische Bevölkerung auf die sommerliche Marschsaison des protestantischen Oranier-Ordens vor. Bis zu eintausend Aufzüge führt diese extrem rechte Vereinigung jährlich durch. Rund ein Dutzend dieser Märsche gilt als umstritten, da sie durch mehrheitlich von Iren bewohnte Stadtviertel ziehen. Der christlich fundamentalistische Orden erinnert an die Schlacht von Boyne, als im Jahr 1690 ein protestantischer König seinen katholischen Widersacher besiegte.
Am Samstag zogen Ordensmänner durch das mehrheitlich von Iren bewohnte Westbelfast. Anwohner protestierten gegen die in
ihren Augen religiös-rassistische Veranstaltung, die von der staatlichen Paraden-Kommission mit strengen Auflagen belegt
war. So durften nur 50 der 900 mit Bannern und Kapellen ausgerüsteten Marschteilnehmer das irische Viertel passieren.
Ein unfriedlicher Verlauf wird für die beiden zentralen Märsche am 12. Juli in Belfast und am 13. August in Derry erwartet.
Nach den massiven Ausschreitungen der vergangenen Woche in Belfast bereiten sich irische Republikaner auf den Schutz ihrer
Stadtviertel vor. Für die Unruhen in Ostbelfast wird die "Ulster Volunteer Force" (UVF) verantwortlich gemacht. Mehrere
Hundert Personen attackierten Gebäude und versuchten Wohnhäuser in Brand zu setzten. Vertreter von Sinn Féin, in Short
Strand die meistgewählte Partei, und der
sozialistischen Partei Éirígí besuchten das betroffene Viertel Short Strand. "Die dortigen Bewohner haben eine lange
und stolze Geschichte, britische Aggressionen abzuwehren", so Rab Jackson, Vizepräsident von Éirígí. Anwohner in Short
Strand, des Ardoyne-Viertels in Nordbelfast oder an anderen Brennpunkten in Nordirland werden wohl wieder Nachtwachen
einrichten, um bevorstehende Attacken abzuwehren.
Pro-britische Paramilitärs könnten die politische Aufmerksamkeit rund um die großen Oranier-Märsche für eine erneute
Machtdemonstration nutzen. Uschi Grandel von der deutschen Irlandsolidarität erklärt: "Wer den Angriff der UVF (Ulster
Volunteer Force) auf das kleine irische Viertel Short Strand am Rande der Belfaster Innenstadt als Glaubenskrieg Protestanten
gegen Katholiken beschreibt, versteht nicht die Rolle, die diese pro-britische, bewaffnete paramilitärische Bande spielt."
Offenbar soll der fortgeschrittene Friedensprozess in Nordirland destabilisiert werden. Doch war hat Interesse daran?
"Gesteuert wurde die UVF bisher von reaktionären Kreisen innerhalb des politischen nordirischen Unionismus, des Britischen
Militärs und der diversen britischen Geheimdienstfraktionen. Für sie bedeutet eine friedliche und demokratische Entwicklung
Nordirlands und eine Entwicklung in Richtung Wiedervereinigung Irlands, wie sie Sinn Féin betreibt, einen gewaltigen
Machtverlust. Eine Eskalation von Gewalt spielt diesen Kreisen direkt in die Hände", so Grandel weiter.
Ziel der "Ulster Freiwilligenarmee" ist der Verbleib Nordirlands beim Vereinten Königreich. Während des Bürgerkrieges in
Nordirland töteten die Paramilitärs nach Angaben der BBC mehr als fünfhundert Personen. Die überwiegende Zahl der Opfer
waren irische Bürger, die meist wahllos ermordet wurden, um die Bevölkerung zu terrorisieren. Die Paramilitärs fungierten
jedoch auch als außerdienstliche Killerkommandos des britischen Militärs und der Polizei. In zahlreichen Fällen spielten
Sicherheitskräfte den schwer bewaffneten Milizen Dossiers über missliebige Personen zu, die dann getötet wurden. Zu den
Opfern dieser staatlich gelenkten und politisch gedeckten Morde gehörten Aktive der republikanischen Bewegung: der
Linkspartei Sinn Féin, Mitglieder der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) sowie Bürgerrechtler, wie zum Beispiel der
Menschrechtsanwalt Pat Finucane.
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Foto (Juli 2010, Florian Osuch): Oranierorden marschieren in Belfast Siehe auch: Interview mit Gerry Kelly (Sinn Fein): "Oranierorden haben zum Friedensprozess bisher keinerlei positiven Beitrag geleistet." weiterlesen >> |
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