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Im folgenden finden Sie die offizielle Presseerklärung der Ombudsfrau der Polizei. Sie enthält einen Überblick über die Ergebnisse der Untersuchung der Zusammenarbeit der nordirischen Polizei PSNI (bzw. ihrer Vorgängerin RUC) mit pro-britischen Todesschwadronen. Der Bericht umfasst dabei nur die Unterstützung von Verbrechen der kleinen Gruppe der nordbelfaster UVF (aus dem Viertel Mount Vernon) durch die Polizei. Die UVF ist nach der UDA die zweitgrösste pro-britische, unionistische, paramilitärische Gruppe in Nordirland.

Der komplette Bericht ist hier zugänglich: >>>> Download des Berichts (PDF, 743 kB, e) <<<<

oder kann über die offizielle Webseite des Büros des Polizei Ombudsman heruntergeladen werden: >>>> Webseite des Polizei Ombudsman (e) <<<<

Die Ergebnisse der Untersuchung der Polizei-Ombudsfrau passen in das grössere Bild der Zusammenarbeit britischer staatlicher Stellen mit pro-britischen, unionistischen Todesschwadronen. Weitere Informationen sind unter folgendem Link zu finden:
>>>> Hintergrundinformation / Überblick über Collusion <<<<


Polizei Ombudsfrau - Presse-Erklärung, 22. January 2007

Die Erklärung der Polizei Ombudsfrau in voller Länge

OPERATION BALLAST: öffentliche Erklärung

Die Polizei-Ombudsfrau für Nordirland hat heute die Ergebnisse der dreieinhalbjährigen Untersuchung einer Reihe von Vorwürfen über das Verhalten der Polizei in Verbindung mit dem Mord an Raymond McCord Junior im November 1997 veröffentlicht.

Frau Nuala O'Loan hat die Vorwürfe des Vaters, Raymond McCord, bestätigt, dass die Polizei über Jahre hinweg Agenten davor geschützt habe, für Straftaten belangt zu werden.

Die initiale Untersuchung der Vorwürfe von Herrn McCord enthüllte weitere Machenschaften - darunter Morde, versuchte Morde und Drogenhandel.

Als Resultat erweiterte das Büro des Polizei Ombudsman die Untersuchung auf die Periode von 1991 bis 2003. Betrachtet wurden vor allem die Aktivitäten des Polizeiagenten 1 und seiner Gefolgsleute, die zum grossen Teil ebenfalls Informanten der Polizei und Mitglieder einer UVF Einheit in Nordbelfast und Newtonabbey waren.

Der Komplexitätsgrad der Untersuchung war der höchste, den das Büro des Polizei-Ombudsman je zu bewältigen hatte. Mehr als Hundert aktive Polizisten und Polizisten im Ruhestand wurden verhört, vierundzwanzig unter Eid. Auch andere Zeugen wurden verhört.

Polizeicomputer wurden untersucht. Dabei wurden mehr als zehntausend Polizeidokumentationen sichergestellt, darunter Material aus Geheimdienstsystemen, aus persönlichem Bestand, aus Polizeijournalen, Kriminalakten und anderen Quellen. Belastendes Material wurde auch an anderen, nicht-polizeilichen Stellen ausfindig gemacht.

Das Büro des Polizei-Ombudsman hat Informationen aus dem Polizeisystem herangezogen, die in ihrer Mehrzahl von der Polizei als "glaubwürdig und wahrscheinlich wahr" eingestuft worden waren. Zusätzliche Informationen aus anderen Quellen wurden verwendet. Aus diesen Informationen ergibt sich ein Bild, nach dem die betreffenden Polizei-Informanten verantwortlich für folgende kriminelle Aktivitäten waren:

Den Ermittlern des Polizei-Ombudsman liegen ausserdem Informationen über die Beteiligung des Agenten 1 und seiner Gefolgsleute an weiteren fünf Morden vor. Allerdings wurden diese Informationen als weniger signifikant und vertrauenswürdig eingestuft.

Der Polizei-Ombudsman schätzt, dass während des untersuchten Zeitraums Zahlungen von wenigstens £79,840 (ca. EUR 120,000.00) an den Agenten 1 geflossen sind. Darunter waren eine Reihe von Bonus-Zahlungen (30.0 - 30.10).

Zeugen berichteten, wie Informanten während einer Befragung "Baby gesittet" wurden, damit sie sich nicht selbst belasteten. Falsche Berichte wurden erstellt und Hauzsdurchsuchungen nach Waffen oder Waffenlagern der UVF wurden ohne erkennbaren Grund blockiert (23.1-23.14.).

Ausserdem wurden der Staatsanwaltschaft irreführende Informationen übergeben. Wichtige Beweise, die Ermittlungen im Falle schwerster Kriminalität, darunter Mord, vermutlich unterstützt hätten, wurden den ermittelnden Polizisten vorenthalten.

Das Büro der Polizei-Ombudsfrau hatte während seiner Untersuchung mit einer Reihe von Schwierigkeiten zu kämpfen. Unter anderem konnten etliche Dokumente nicht eingesehen werden. Sie waren entweder verschwunden, verloren oder vernichtet. Darunter waren Teile von Mordakten, Beschlussprotokolle und geheimdienstliche Dokumente. Das Fehlen von Akten hat einige höhere Polizeioffiziere davor bewahrt, für ihr Verhalten zur Verantwortung gezogen zu werden. Die Polizei-Ombudsfrau ist der Aufassung, dass es sich hierbei nicht um ein Versehen, sondern um eine bewußte Strategie handelte, um nicht zur Rechenschaft gezogen werden zu können (8.1-8.19 and 33.6).

Frau O'Loan hat den Schluss gezogen, dass ihre Untersuchung die Zusammenarbeit (collusion) bestimmter Polizeioffiziere der Special Branch mit einer UVF-Einheit in Nordbelfast and Newtownabbey beweist (32.1- 32.5).

" Es wäre einfach, ein Fehlverhalten jüngerer Polizisten im Umgang mit den verschiedenen Informanten anzunehmen. In der Tat sind sie nicht unschuldig. Sie hätten jedoch ohne das Wissen und die Unterstützung der höchsten Ränge der RUC und der PSNI nicht operieren können," sagte sie.

Frau O'Loan sagt, sie glaube, in der RUC habe sich eine Kultur der Unterwürfigkeit gegenüber der Special Branch entwickelt, die eine Form der Funktionsstörung hervorgebracht habe.

" Während zweifelsohne die Offiziere der Special Branch sehr effektiv Bombenattentate, Heckenschützen und andere Angriffe verhinderten, war der Effekt dieser Funktionsstörung, dass einige Informanten in der Lage waren, ihren terroristischen Aktivitäten, auch Mord, nachzugehen, ohne dass die Kriminalpolizei die Möglichkeit hatte, diese Verbrechen aufzuklären."

Frau O'Loan glaubt, dass die PSNI sich signifikant geändert habe und neue Vorschriften im Umgang mit Informanten eingeführt habe. Die PSNI habe alle Empfehlungen akzeptiert, die in ihrem Untersuchungsbericht enthalten seien:

" Das war eine schwierige und teilweise sehr belastende Untersuchung, sowohl in der Durchführung als auch in der Berichterstattung. Ich bin überzeugt, dass die PSNI aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat und Vorschriften und Verfahren einführen wird, die sicherstellen, dass so etwas in Zukunft nicht wieder passiert."

1. Der Mord an Raymond McCord Junior (9.1-9.35)

Raymond McCord Junior wurde am 9. November 1997 in Ballyduff Quarry aufgefunden. Er war erschlagen worden. Informationen der Polizei und verschiedener Quellen deuteten darauf hin, dass Informant 1, der zu dieser Zeit im Gefängnis war, den Mord angeordnet habe und ein weiterer Mann, der Freigang hatte, ihn ausführte.

Informant 1 und sein Gefolgsmann wurden später wegen des Mordes festgenommen, verhört und ohne Anklage entlassen.

Die Polizei-Ombudsfrau hat herausgefunden, dass eine Reihe von Fehlern während der Ermittlung in diesem Mordfall gemacht wurden, die die Wahrscheinlichkeit signifikant reduzierten, dass irgend jemand für dieses Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird. Fehler, die gemacht wurden, beinhalten unter anderem das Versäumnis, die Kleider des Verdächtigen im Gefängnis sicherzustellen und die Vernichtung von Beweisstücken, darunter das Fahrzeug, dass vermutlich für den Mord benutzt wurde.

Die Ombudsfrau fand jedoch keine Beweise, dass die Polizei im Vorfeld wusste, was mit Herrn McCord passieren sollte und dass sie ihn oder seine Familie vor der Gefahr hätte warnen können.

2. Der Mord an Peter McTasney. (10.5 -10.16)

Peter McTasney wurde in Bawnmore in Belfast am 24. Februar 1991 ermordet.

Etwas später im selben Jahr verhörte die Polizei Verdächtige in einem versuchten Mordfall, von dem Informant 1 der Polizei berichtet hatte und in den er vermutlich selbst involviert war. Dabei fand die Polizei heraus, dass die Waffe dieselbe war, mit der Herr McTasney ermordet worden war und die auch für mehrer Mordversuche verwendet worden war.

Informant 1 wurde verhaftet und insgesamt neunzehn Mal verhört. Seine "Führungsoffiziere" führten die zentralen Verhöre. Einer der Führungsoffiziere sagte aus, sie "Baby sitteten" ihn durch die Verhöre und erstellten Mitschriften, die nicht das Verhör wiedergaben. Informant 1 wurde später ohne Anklage entlassen.

Eine gemeinsame Akte, die den Mord an Herrn McTasney und den früher begangenen Mordversuch enthielt, wurde der Staatsanwaltschaft (Director of Public Prosecutions, DPP) übergeben. Zwei Männer wurden dann verurteilt. Die Special Branch gab der Staatsanwalt nicht bekannt, dass ein Polizeiagent involviert war. Sie hatte hierfür die Zustimmung des stellvertretenden Polizeichefs.

3. Der Mord an Sharon McKenna. (13.1 - 13.49)

Sharon McKenna wurde am 17. Januar 1993 erschossen.

Sowohl ein Detective Sergeant wie auch ein Detective Constable haben ausgesagt, Informant 1 habe zugegeben, einer der beiden Schützen gewesen zu sein, die in den Mord verwickelt waren. Zusätzliche Polizeidokumentationen aus dieser Zeit berichten über Informationen von hoher Aussagekraft, dass Informant 1 involviert war.

Die Special Branch gab die Erlaubnis, Informant 1 zu verhaften. Er wurde verhaftet, sechs Tage festgehalten und 37 Mal verhört. Einige dieser Verhöre wurden von seinem "Führungsoffizier" durchgeführt. Ein weiterer anwesender Polizeioffizier sagte den Ermittlern des Polizei-Ombudsman-Büros, er habe sich als Beisitzer in den Verhören völlig nutzlos gefühlt, weil er wusste, dass Informant 1 eine Polizei-"Quelle" war. Er würde vor ihm nichts relevantes aussagen. Informant 1 wurde später ohne Anklage entlassen.

Niemand wurde je für diesen Mord belangt.

In den folgenden Wochen wurde der monatliche Vorschuss für den Informanten 1 von £100 auf £160 erhöht, obwohl er der Hauptverdächtige für diesen Mord war.

4. Der Mord an Sean McParland (14.1- 14.17)

Sean McParland wurde am 17. February 1994 angeschossen und starb später an seinen Verletzungen.

Den Ermittlern des Police Ombudsman liegen Informationen vor, nach denen die Polizei zwei Tage vor dem Mord die Nachricht erhielt, jemand solle am nächsten morgen erschossen werden. Als die Polizei sich zur entsprechenden Zeit am vorgegebenen Ort einfand, sahen sie Informant 1.

Im Laufe des Tages erhielten sie Informationen, dass Informant 1 in die Planung des Mordes involviert war, er aber nicht durchgeführt wurde, weil Polizei in der Gegend war. Herr McParland wurde am folgenden Tag erschossen.

Den Ermittlern des Police Ombudsman liegen Informationen vor, nach denen Informant 1 einen weiteren Polizeiagenten als Mörder benennt und zugibt, auch selbst involviert gewesen zu sein.

5,6 The Murders of Gary Convie and Eamon Fox (15.1-15.11)

Gary Convie and Eamon Fox were shot dead on a building site in Belfast on 17 May 1994.

Informant 1 was a suspect for the murder and was arrested.

The gunman who carried out the murders was said to have a 'goatee' beard. Informant 1 when arrested had a 'goatee' beard but was allowed to shave it off while in custody. No identity parade was held. He was released without charge.

7. The Murder of Gerard Brady. (16.1-16.3)

Gerard Brady was shot on 17 June 1994. Police have intelligence which links Informant I and another police informant to this murder. Ballistic tests have also linked the gun used to Informant 1 and other police informants.

8. The Murder of John Harbinson. (18.1-18.28)

Mr Harbinson was beaten to death on 18 May 1997.

Special Branch had a significant amount of high-grade intelligence about the four main suspects for this murder, including Informant 1. They did not pass this information on to the police officers investigating the murder.

Special Branch also had information that those who had carried out the murder had fled to a location in Ballyhalbert where they were 'safely ensconced.' Again, they did not pass this information on to their colleagues. Forensic opportunities were lost.

9,10

Police Ombudsman investigators have seen information which links Informant 1 to the murders of Thomas Sheppard in March 1996 (17.1-17.5) and Thomas English in October 2000. (19.1- 19.5)

Terrorism in the Republic (24.1- 24.20)

Informant 1 gave police information about a planned bomb attack in Dublin and helped them ensure the plan was aborted. Special Branch officers were instructed not to record the details of this planned attack.

Informant 1 later gave police information about another 'high profile' attack on a republican target and told them he had received the explosives to carry it out. The police made safe the explosives and returned them to him, but did not mount an operation to see what the terrorists had planned or to arrest them.

Within two weeks there was a bomb attack on the Sinn Fein offices in Monaghan. Intelligence held by police implicates police informants, including Informant 1. None of this information was passed to the Garda.

Attack on Bar in Portadown (26.1 - 26.14)

Special Branch received detailed intelligence from a police informant of a planned UVF attack on a bar in Portadown. They passed on limited information to local police. Only good policing in the area allowed those responsible to be apprehended.

Special Branch Block Searches. (23.1-13.14)

Documentation indicates that police were provided with the addresses of people who had UVF weapons, including Informant 1, and the location of an alleged UVF arms dump. Special Branch blocked the searches of some of these locations.

Within weeks of these searches having been blocked, there is information that Informant 1 and his associates were again linked to murder and attempted murder.

Drug Dealing (27.1- 27.19)

The Police Ombudsman has obtained around 70 separate intelligence reports held by police implicating Informant 1 in 17 instances of drug dealing in an area covering North Belfast and Larne. The material also links him to associated 'punishment' attacks. Despite this, his only conviction has been for the possession of drugs. ENDS

The numbering in brackets above relates to paragraphs within the Public Statement.

The full report can be downloaded at www.policeombudsman.org.


Übersetzung: Uschi Grandel, http://archiv.info-nordirland.de/, 24. Januar 2007 (Erläuterungen in Klammern)
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