home
In unserem Kommentar vom 25. November 2006 "Warum gestaltet sich die Bildung der Regionalregierung als so schwierig hatten wir eine der zentralen Frage, den Kampf um die Umsetzung echter Polizeireformen und damit die Kontrolle der Polizei beschrieben:
Das Problem mit der Polizei ist nicht, dass Sinn Fein endlich Recht und Gesetz akzeptiert. Das Problem ist, dass die Polizei dies tut. Welche Schritte passieren müssen, damit der Police Service of Northern Ireland (PSNI) zivile Polizeiarbeit auf kontrollierbare Art und Weise ausübt und nicht länger eine Kampftruppe gegen den irischen Teil der Bevölkerung ist, ist eines der schwierigen Themen des Konfliktlösungsprozesses.

Wer glaubt, dass das Problem doch Ende 2001 mit der Umwandlung der alten RUC in den smarten Police Service of Northern Ireland (PSNI) gelöst wurde, sollte sich die Polizeiarbeit der PSNI seither ansehen. Als letztes Jahr im August 2005 loyalistische, pro-britische Killer die katholische Minderheit des kleinen Dörfchens Ahoghill nördlich von Belfast über Tage hinweg jede Nacht mit Brandbomben überfielen, hätte die Polizei zeigen können, dass sie sich geändert hat. Ein paar Dutzend Häuser in einem kleinen Dorf sollten sich von einer hochgerüsteten Polizei doch wirkungsvoll schützen lassen? Statt dessen verteilte die Polizei in einer zynischen Aktion an die Anwohner nicht-brennbare Decken und gab ihnen den Rat, doch durch Fenster in den Garten zu flüchten, wenn die Angreifer von vorn Brandbomben werfen. Weder von der Polizei, noch von anderen staatlichen Stellen, ganz zu schweigen von den unionistischen Politikern dieser Gegend kam Hilfe. Dies ist nur ein Beispiel aus einer langen Liste.

Eines der Kernprobleme, das Sinn Fein derzeit mit der britischen Regieurng verhandelt, ist ein Zeitplan für die Übergabe der Kontrolle der Polizei und Justiz von London an die Regionalregierung und die Abgrenzung der Polizei gegen den britischen Geheimdienst MI5. Wenn der britische Geheimdienst Teilen der Polizei weisungsbefugt wird, so wie es die alte Polizei-interne Geheimdienstkrake "RUC Special Branch" war, wird die Polizei in die kriminellen Machenschaften der britischen Geheimdienste in Nordirland verstrickt bleiben. Das ist unabhängig vom guten Willen einzelner Polizisten, die es auch in der alten RUC auf sehr verlorenem Posten gab.

Ein Schritt nach vorn im Kampf um die Demokratisierung der Polizei

Nun scheint eine erste Einigung zwischen der britischen Regierung, der nordirischen Polizei und Sinn Féin erreicht zu sein. Tony Blair erklärte schriftlich und öffentlich, auf eine Vernetzung des britischen Geheimdienstes MI5 mit der nordirischen Polizei zu verzichten, der nordirische Polizeichef Hugh Orde gestand öffentlich ein, dass seine Polizei mit Plastik-Geschossen auch Unschuldige getötet habe und Sinn Féin beschloss, den Sonderparteitag mit dem Antrag auf Akzeptanz von Polizei und Justiz trotz der immer neuen DUP-Querschläge durchzuführen. Termin hierfür ist der 28. Januar 2007. Die DUP hat sich aus dem Verhandlungsverbund erst einmal selbst dadurch hinauskatapultiert, dass Ian Paisley in seiner Neujahrsansprache die zuvor abgestimmte positive Reaktion verwässerte und damit den Einigungsgegnern innerhalb seiner Partei Tür und Tor öffnete.

Im folgenden dokumentieren wir die entsprechenden Presseerklärungen, bzw. Presseberichte von Sinn Féin, der britischen Regierung und die Äusserungen des Polizeichefs:

(I) Irish Times, 10.1.2007: MI5 und PSNI werden getrennt bleiben, bestätigt Blair
(II) RTE News, 12.1.2007: Orde: 'Wir werden künftig keine Plastikgeschosse mehr verwenden' (e)
(III) Sinn Féin News, 13.1.2007: Der Sinn Féin Ard Fheis wird am 28. Januar stattfinden (e)


Irish Times, 10. Januar 2007
MI5 und PSNI werden getrennt bleiben, bestätigt Blair

Der britische Geheimdienst MI5 wird unter den neuen Sicherheitsrichtlinien, die für Nordirland vorgesehen sind, getrennt von der (Polizei) PSNI operieren, bestätigte der britische Premierminister Tony Blair heute.

In einem Anschreiben an die Mitglieder des Parlaments, erklärt Herr Blair, dass MI5 und PSNI komplett verschiedene und getrennte Organisationen sein werden. Das Anschreiben soll es Sinn Féin erleichtern, die nordirische Polizei zum ersten Mal in ihrer Geschichte zu akzeptieren.

Kein Polizist wird unter der Kontrolle des MI5 stehen oder ihm untergeordnet sein.

Alle nötigen Interaktionen zu Themen wie dem internationalen Terrorismus werden zwischen den Organisationen auf dem Wege der Liaison durchgeführt, nur eine kleine Anzahl von Polizisten der PSNI Zentrale werden kontakt zum Geheimdienst haben.

"Diese kleine Anzahl an Polizisten, die auf dem Wege der Liaison mit dem Geheimdienst zu tun haben, werden Polizisten der PSNI Zentrale sein, die für eine limitierte Zeitperiode, die der Polizeichef festlegen wird, diese Aufgabe wahrnehmen," erklärte Herr Blair in seinem Anschreiben.

Polizeiarbeit ist die alleinige Verantwortung der Polizei. Der Geheimdienst wird keine Rolle in der zivilen Polizeiarbeit haben.

Die Leitung und die Richtung der Polizeiarbeit obliegt dem Polizeichef, der dem Polizeiaufsichts-Gremium rechenschaftspflichtig bleiben wird.

Alle Polizisten der PSNI werden von der PSNI angestellt. Sie sind ausschliesslich dem Polizeichef und dem Polizeiaufsichts-Gremium rechenschaftspflichtig und nach dem Tranfer der Gewalten (von London nach Nordirland) dem Justizministerium.

Der Sprecher Sinn Féin's für Justiz und Polizei, Gerry Kelly, sagte, die Vorschläge kämen dem Ziel, "einem Neuanfang der Polizeiarbeit", sehr nahe.

Hr. Kelly sagte: "Unser [Sinn Féin] Ziel war, einen Schutzwall zwischen lokaler Polizeiarbeit und der üblen und korrupten Kontrolle durch den MI5 zu errichten.

Der MI5 war verantwortlich für die Zusammenarbeit britischer Stellen mit pro-britischen Todesschwadronen, für staatliche Morde in Dublin, Monaghan und im Norden (Irlands). Als Resultat dieser Aktivitäten mussten Menschen auf dieser Insel jahrzehntelang ungeheueres Leid erdulden.

Die vorliegenden Vorschläge entkoppeln MI5 von den Polizeistrukturen in Irland."

Hr. Blair erklärte ausserdem, dass Ombudsman Nuala O'Loan ihre Machtbefugnisse behält, Polizisten zur Rechenschaft zu ziehen und Zugang zu allen Polizeiinformationen hat.

Er fügt hinzu: "Das Ombudman Office und der Geheimdienst werden gemeinsam festlegen, wie der Zugriff des Ombudsman auf geheime Informationen des Geheimdienstes erfolgt, die für die Ausübung der Pflichten des Ombudsman benötigt werden."

Hr. Blair kündigte ferner den Peer Lord Carlile von den Liberal Democrats, den unabhängigen Reviewer der Terrorismus Gesetzgebung, als jährlichen Gutachter für die neuen nationalen Sicherheitsvorkehrungen an, die in Nordirland dieses Jahr in Kraft treten werden.

"Während seines Reviews wird er den Chief Constable, das Policing Board und den Police Ombudsman konsultieren und ausserdem die Meinung des First Minister, des Deputy First Minister und, sobald vorhanden, des Justice Ministers einbeziehen", sagte er. (...)

© 2007 ireland.com


RTE News, 12. Januar 2007
Orde: 'No use of plastic bullets in future'

The PSNI Chief Constable has said he does not intend to use plastic bullets in crowd control in the future.

Hugh Orde acknowledged that some of the 17 people killed by plastic bullets during the Troubles were innocent.

Mr Orde said he believes Sinn Féin's leadership is committed to joining policing but they may need to convince many people in their own community who are still unsure.

(Remark: Between 1970 and 2005 almost 126,000 rubber and plastic bullets were fired. This weapon has killed 17 people - including 9 children. They were deliberately used against peaceful protestors and mourners attending funerals. They were almost exclusively used againt the Irish nationalist or republican communities. In 1981 alone the RUC fired almost 30,000 plastic bullets killing 7 people, three of whom were children. Thousands more were injured.)


Sinn Féin News, 13. Januar 2007
Sinn Féin Ard Fheis to go ahead on January 28th

Sinn Fein President Gerry Adams MP speaking following a meeting of the party's Ard Chomhairle in Dublin this afternoon said 'The Ard Chomhairle today backed a proposal for an Extraordinary Ard Fheis to go ahead on January 28th. This is a hugely courageous decision and will ensure that the process continues to move forward." Mr. Adams said 'I believe that the new beginning to policing promised in the Good Friday Agreement is now within our grasp. Sinn Fein wants to get policing right. The Extraordinary Sinn Fein Ard Fheis is the important next step.'

Mr. Adams said:

Irish republicans and nationalists want, need and deserve proper and accountable policing. On Thursday, December 28, I said that I believe that Irish republicans need now to take the necessary next step on policing -- that it is the right thing to do. This was the position I put to today's meeting. In response, the Sinn Fein Ard Chomhairle today took the historic and courageous decision to proceed to an Ard Fheis on policing despite the failure of the DUP to respond positively. If the Ard Fheis adopts the proposed motion then we will have the potential, for the first time ever, for the full involvement by Irish republicans in policing structures across the island.

The Ard Chomhairle has decided to proceed with the planned Ard Fheis on January 28th and on the basis of the motion agreed by the Ard Chomhairle on December 29 which commits Sinn Fein to:

- Support for the PSNI and criminal justice system

- Hold the police and criminal justice systems fully to account both democratically and legally

- Appoint party representatives to the Policing Board and District

- Policing Partnership Boards to secure fair, impartial and effective policing with the community;

- Authorise Sinn Féin Ministers to take the ministerial Pledge of Office

- Actively encourage everyone in the community to co-operate fully with the police services in tackling crime in all areas and actively supporting all the criminal justice institutions

The Ard Chomhairle is proposing that an Extraordinary Ard Fheis adopts this motion and gives the Ard Chomhairle the responsibility and authority to fully implement all elements of it. The necessary context for this is the re-establishment of the political institutions and confirmation that policing and justice powers will be transferred to these institutions or when acceptable new partnership arrangements to implement the Good Friday Agreement are in place.

It would be entirely wrong to allow the most negative elements of unionism a veto over republican and nationalist efforts to achieve the new beginning to policing promised in the Good Friday Agreement. Sinn Fein will not be paralysed by rejectionist elements of the DUP.

There are also those within the PSNI who are opposed to change. In this context, I have been made aware of incidents in parts of South Derry, Castlederg and County Armagh where local PSNI units are involved in trying to destabilise nationalist communities. This is entirely predictable and needs to be stopped.

Our objective is to secure a proper policing service and to hold that policing service, once achieved, fully to account. We have already achieved enormous progress on the issues of democratic accountability, human rights protections and the ending of political and repressive policing. Over recent days, we have also seen progress and changes on the key issues of the removal of MI5 from local policing structures and on the use of plastic bullets. I believe that the new beginning to policing promised in the Good Friday Agreement is now within our grasp. Sinn Fein wants to get policing right. The Extraordinary Sinn Fein Ard Fheis is the important next step. ENDS


home