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Die loyalistische "marching season" rückt näher und die loyalistische UVF erhöht ihre Überfälle auf irische Enklaven in ihrer Nachbarschaft. In den letzten Monaten ging diese Gewalt hauptsächlich von der rivalisierenden loyalistischen UDA aus. Sie beschränkte sich daher auf irische Viertel in der Nachbarschaft von UDA-Hochburgen. Ost Belfast, eine Hochburg der UVF, war relativ ruhig. Letzte Woche wurden Waffenschmuggler der UVF in Schottland festgenommen, am Samstag, den 11. Mai 2002 attackierte die UVF das kleine isolierte irische Viertel "Short Strand" in Ost Belfast. Irische Nationalisten sind bei solchen Angriffen darauf angewiesen, sich selbst zu verteidigen - keine Chance auf Hilfe durch die Polizei. Die Polizei reagiert wie jedesmal - gegen die angegriffenen Nationalisten. Es sind mittlerweile viele Fälle bekannt, in denen die Polizei gezielt diejenigen auf der irisch nationalistischen Seite angreift, die versuchen, die Situation zu deeskalieren. Einer derjenigen, die am Samstag im Bezirk Short Strand versuchten, die Situation zu beruhigen, wurde durch einen Polizeiknüppel schwer verletzt und liegt im Krankenhaus.

SHORT STRAND: EIN BELAGERTES STADTVIERTEL

16. Mai 2002 | Andersontown News

Am 16. July 1969 knüppelte sich die (nordirische Polizei) RUC den Weg ins Haus des 42-jährigen Samuel Devenney frei und schlug ihn vor den Augen seiner Familie zusammen. Der Vater von neun Kindern starb an den Verletzungen. Letztes Wochenende überfielen Mitglieder der (in) PSNI (umbenannten nordirischen Polizei) das Stadtviertel "Short Strand", das zuvor von Loyalisten mit Gewehren und Rohrbomben angegriffen wurde, und knüppelten auf den Kopf des 40-jährigen Patrick Devenney ein, der hier im Bild nach seiner Operation am Kopf zu sehen ist.

Die beiden Ereignisse haben mehr gemeinsam, als nur den Nachnamen des Opfers. Beide geben Zeugnis über die Natur derjenigen, die dem Namen nach mit Polizeiaufgaben betraut sind, in Wirklichkeit aber zu nichts anderem in der Lage ist, als uns zu terrorisieren. Der Polizeiombudsman und die SDLP haben nun einen verdammt schweren Job, uns zu überzeugen, es habe sich (durch die Namensänderung der Polizei, die im Herbst von RUC in PSNI umbenannt wurde) etwas geändert.

Eine Woche des Terrors in Short Strand

Es war eine der traumatischsten Wochen für die Menschen im Viertel Short Strand. Die Woche des Terrors begann am letzten Samstag, als Beziehungen zwischen den beiden Communities zusammenbrachen.

Das Resultat waren Angriffe auf katholische Häuser und brutale Einsätze der Armee; es wird dauern, bis das dadurch erzeugte Klima des Misstrauens wieder verschwindet.

Die Probleme begannen am Samstag, den 11. Mai, als ein protestantischer Interface-Worker behauptete, von Nationalisten angegriffen worden zu sein.

Nationalistische Community-Worker versuchten während der nächsten Stunden, die Situation zu deeskalieren, und wurden kurz vor dem Ausbruch der Gewalt von den loyalistischen Interface-Workern informiert, dass es zu spät sei, die Eskalation aufzuhalten.

Am Samstag abend überfiel eine Meute von etwa 100 Loyalisten das Gebiet. Fünf Rohrbomben wurden geworfen. Eine davon beschädigte eines der nationalistischen Häuser in der Strasse Strand Walk schwer.

Der Sinn Féin Sprecher Patrick ‘Pod’ Devenny erlitt schwere Kopfverletzungen als eine PSNI Spezialeinheit zur Aufruhrbekämpfung eindrang.

Anwohner sagen, sie haben beobachtet, wie Pod Devenny brutal von einem Offizier der PSNI-Spezialeinheit zusammengeschlagen wurde. Er wurde ins Royal Victoria Krankenhaus gebracht, wo er am Kopf operiert werden musste.

Herr Devenny war dabei, seiner älteren Mutter zu Hilfe zu kommen, nachdem eine Rohrbombe nur wenige Meter von ihrem Haus in Madrid Street entfernt explodiert war.

Nach einem Wochenende voller Spannung fiel die britische Armee und die PSNI am Dienstag Nachmittag um 4.30 in die nationalistische Enklave ein, und begann mit Hausdurchsuchungen in nationalistischen Häusern.

Acht Häuser wurden durchsucht. Es entstand beträchtlicher Sachschaden wärend dieser Aktion, die mit grosser Brutalität durchgeführt wurde.

Community workers bemühten sich vergebens, die Situation unter Kontrolle zu halten, während der Ärger der Anwohner den Siedepunkt erreichte. Die britische Armee und die PSNI eröffneten das Feuer mit Plastikgeschossen. Zehn Menschen wurden getroffen, darunter ein 16-jähriges Mädchen und ein Journalist, 36 weitere erlitten Verletzungen.

Auf einer ausserordentlichen Pressekonferenz im Short Strand Community Center sagte der Sinn Féin Parteichef Alex Maskey gestern: “Dieses Stadtviertel wird seit Samstag angegriffen. Die UVF und PSNI werden Menschen aus dieser Community umbringen, wenn sie so weitermachen.”

Jeden Sommer fürchten wir uns vor dem Auftakt der "Marching Season"

Die kleine nationalistische Enklave Short Strand in Ostbelfast besteht nur aus einer Handvoll von Strassen. Während der letzten dreissig Jahre mussten die Anwohner jedoch einen überproportionalen Anteil an Einschüchterungen und Überfällen erdulden.

Während der letzten Tage fanden sich die Anwohner in Short Strand wieder in der Schusslinie. Diesmal durch die Rohr- und Benzinbomben der Loyalisten und durch die Plastikgeschosse der PSNI und der britischen Armee. Selina Kelly, Mutter zweier Kinder, lebt seit fünf Jahren im Stadtviertel Short Strand und kennt das Leben in dieser gefährlichen Lage.

"Jedes Jahr habe ich Angst vor dem Auftakt der marching season und den Angriffen auf unser Stadtviertel. Dieses Jahr fing es aus heiterem Himmel an", sagt Selina.

"Ich ging am Samstag um 23.00 ins Bett und wurde eine Stunde später durch laute Schreie und Rufe auf der Strasse geweckt.

Mein erster Gedanke galt meinen beiden kleinen Mädchen Rebecca und Ashley, aber Gott sei dank schliefen die fest.

Ich habe mich so schnell als möglich angezogen und rannte nach draussen, wo die Strasse im Aufruhr war. Loyalisten hatten fünf Rohrbomben in das Viertel geworfen und ein Haus in der Strasse Strand Walk schwer beschädigt.

Die Leute waren verunsichert, sie wussten nicht, was jetzt passieren würde." Aber das war noch nicht alles für das belagerte Stadtviertel.

Am Dienstag begannen britische Armee-Einheiten und PSNI mit Hausdurchsuchungen in Short Strand.

"Ich war mit meinen Mädchen alleine zu Hause als ich sah, wie die SWAT-Einheiten in das Gebiet einzogen.

Es war die Hölle. Ich rannte zum Nachbarhaus und wollte aus dem Viertel hinaus, aber wir hatten Ausgangssperre.

Die Mädchen waren völlig verstört und ich denke, sie sind durch diese Vorgänge traumatisiert.

Ich werde sie dieses Wochenende aus Belfast wegschicken. Ich möchte nicht, dass sie das noch einmal erleben müssen."

Selina erzählt weiter, dass sich die Anwohner im Stadtviertel Short Strand das ganze Jahr über im Belagerungszustand fühlen. "Nicht einmal solch simple Dinge, wie Einkaufen oder zur Post gehen, können wir, ohne von der anderen Seite Beschimpfungen und Einschüchterungsversuche zu erleben. Wir fühlen uns eingesperrt. Der neue Sicherheitszaun, den sie errichten wollen, macht alles nur schlimmer.

Nach all dem, was die letzten Tage passiert ist, sind die Leute hier wütend und sie haben Angst, dass es noch Tote geben wird.

Ich liebe das Viertel und die Community hier, aber meine kleinen Mädchen sollten nicht in permanenter Furcht aufwachsen müssen."


Original in englischer Sprache:
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Übersetzung:
Übersetzung: Uschi Grandel, 17. Mai 2002
Anmerkungen in Klammern dienen der Erläuterung


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