Angriff auf das Wahlrecht

Das im Mai 2002 von der britischen Regierung ausschliesslich für Nordirland verabschiedete neue Wahlgesetz, das seither die Zulassung potentieller Wähler zur Wahl regelt, wird die Anzahl der zur Wahl zugelassenen Personen Jahr um Jahr verringern, da nur wählen darf, wer sich jährlich neu registriert.

"One man one vote" - war eine der zentralen Forderungen der nordirischen Bürgerrechtsbewegung in den 60er Jahren. Sie zog zu Felde gegen ein System, das versuchte, unionistische pro-britische Alleinherrschaft durch geschickte Manipulation von Wahlkreisen und durch undemokratische Wahlgesetze, die Stimmrecht an Besitz koppelten, aufrecht zu erhalten.
Der Staat regierte damals auf die Forderungen nach Gleichheit mit brutaler Gewalt.

Mai 2002 - das Wähleraussonderungsgesetz

Das Karfreitagsabkommen, das den Konflikt im Norden Irlands durch Dialog lösen und der Demokratie den Weg bahnen soll, enthält Gleichheit und demokratische Rechte als Kernpunkte und Grundvoraussetzungen. Auch die Frage der Beherrschung von Irlands Norden durch Grossbritannien oder die Wiedervereinigung Irlands werden im Abkommen vom Willen der Mehrheit der Wähler abhängig gemacht.
Um so besorgniserregender sind die Vorgänge um das neue Verfahren zur Wahlregistrierung nach dem neuen Wahlgesetz.
Nimmt man die letzte Volkszählung von 2001 als Ausgangspunkt, gibt es im Norden Irlands ca. 1,3 Millionen Wahlberechtigte. Davon wurden durch das neue Wahlgesetz über 200 000 potentielle Wähler nicht in das Wahlregister aufgenommen. Das sind über 15% der Wahlberechtigten.
Als Begründung für das neue Wahlgesetz musste eine Anschuldigung herhalten, die irisch-republikanische Partei Sinn Fein würde ihre Wahlerfolge durch Wahlmanipulation und Betrug erreichen. Dass diese Anschuldigung haltlos ist, haben die letzten Wahlen zum Regionalparlament gezeigt, die Anfang Dezember 2003 unter dem neuen Wahlgesetz abgehalten wurden. Trotz der rigiden Registrierungspolitik wurde Sinn Fein zur stärsten Partei des irischen Lagers.
Gegen wachsende Mehrheiten aus den irischen Vierteln und insbesondere den Siegeszug von Sinn Fein in diesen Vierteln richtet sich das neue Wahlgesetz. Grosse Teile der Jungwähler und der Wähler aus sozialen Brennpunkten sind potentielle Sinn Fein Wähler. Sinn Fein ist damit von diesem rollierenden Wähleraussonderungsverfahren am stärksten betroffen.
Eine Einschränkung des Wahlrechts auf diesem Wege ist ein Skandal, der die Grundfesten unseres demokratischen Selbstverständnisses in Europa angreift.


>>>> 05.03.2004 "Grösster Wahlbetrug seit der Teilung Irlands" (e)
>>>> Kommentar der Andersonstown News (Frühjahr 2003): "Steck Dir Deine Wahl doch in den A...."