Kommentar der Andersonstown News (Frühjahr 2003) zu dem im Mai 2002 ausschliesslich für Nordirland eingeführten Registrierungsverfahren für Wähler, das man eher Wähleraussonderungsverfahren nennen sollte:

Steck Dir Deine Wahl doch in den A....

Banbridge! Wo zum Teufel liegt Banbridge?

Nichts für ungut, aber ich glaube,ich war nicht mehr in Banbridge seit sie die A1 Autobahn Mitte der Sechziger Jahre gebaut haben. Davor waren wir immer auf dem Weg nach Dublin durch Banbridge gekommen. Und durch Hillsborough.

Das ist schon eine Weile her und ich habe nur noch eine vage Erinnerung daran. Ich sitze zusammen mit meiner Mutter auf dem Rücksitz eines zugigen 10-Gang-Wagens, eine Decke auf den Knien, umgeben von ein paar Tanten. Wir singen, um meinen Vater (möge er in Frieden ruhen) am Steuer von unserem kleinen Schnauferl wach zu halten während des 3-Tage-Kamel-Trips, den es früher brauchte, um in die Hauptstadt dieses Landes zu gelangen. Die verschmutzten Feldwege, die in jenen Tagen als Hauptstraßen galten, waren schlimm genug, aber damals fuhren die Autos noch nicht schneller als 30 Meilen pro Stunde. Genau genommen tat das kein Auto, das wir je hatten. Es dauerte so lange, nach Dublin zu kommen, dass niemand auch nur im Traum daran gedacht hätte, sich jemals ohne einen ordentlichen Proviant mit einem Haufen Sandwiches und Kannen von Tee und Kaffee auf den Weg zu machen.

In jenen Tagen machte man oft eine Pause in Banbridge mit Tee und Pommes nach dem ersten Abschnitt der Reise. Später dann vielleicht noch ein Picknick außerhalb von Dundalk, je nach dem, wie lange der Zoll dich an der Grenze aufgehalten hat, während du deine Papiere vorgezeigt und auf deine Bescheinigungen gewartet hast.

Nachdem dann die Autobahn kam - das muss nun 35 Jahre her sein- verschwand Banbridge von der Landkarte, nur um während der Troubles in den Nachrichten gelegentlich wieder aufzutauchen wenn die Provos [= IRA] da mal wieder eine Bombe gelegt hatten. Ich kann mich an einen jungen Burschen aus jener Stadt erinnern, der in tragischer Weise durch eine Bombe getötet wurde, weil ein Warnanruf zu spät gemacht worden war.

Ganz im Ernst, ich bin überzeugt, dass Banbridge ein toller Ort ist. Er wird ja sogar in dem Lied "In Banbridge Town in the County Down one morning in July..." besungen. Ich hatte nur nicht erwartet, dass ich es je wieder würde besuchen müssen, das ist alles. Ich meine, ich kenne dort niemanden, ich habe nicht vor dort zu leben, und es ist nicht gerade...nun, nicht gerade das, was du eine Hochburg des gälischen Irlands nennen würdest, nichts für ungut.

Du kannst dir also meine Überraschung vorstellen, als ich einen Brief des Wahlbüros öffnete, in dem ich aufgefordert wurde, in Banbridge vorstellig zu werden mit zwei Dokumenten, die belegen, wo ich wohne und wie lange ich da schon wohne, ... so dass ich zum Wählen zugelassen werden kann. Zum Wählen zugelassen!

Ich war nicht zuhause als der Kollektor kam, um die Formulare für das Wahlregister einzusammeln, und war daher sehr erfreut als ich aus den Medien erfuhr, dass die Frist verlängert worden sei, damit jeder sich in die Liste eintragen lassen könne.

Natürlich will ich wählen, ich bin entschlossen zu wählen, aber es gibt Grenzen. Banbridge, das ist einfach zum Heulen.... Mal abgesehen davon, dass ich gar nicht genau weiß, wo Banbridge liegt, keine Ahnung habe, welcher Bus einen dahin bringen würde und mich allein schon beim Gedanken daran eingeschüchtert fühle. Das alles beiseite gestellt geht es immer noch um die Zeit, die damit verbunden ist.

Ich bin ein berufstätiger Mann, ein Angehöriger der schuftenden Klasse, ich kann mir nicht einfach einen Tag frei nehmen, nur um mich mal eben zum Wählen registrieren zu lassen. Ich weiß nicht, was für ein bescheuertes System potentielle Wähler dazu zwingt, Zeit zu verschwenden, um zu einer Art Wahlgericht zu gehen, nur um ins Wahlregister eingetragen zu werden.

Ich muss es noch mal sagen, ich habe wirklich nichts angestellt .

Ich habe genau getan, was von mir verlangt wurde und habe das Formular für die Wahlregistrierung ausgefüllt. Was um Gottes Willen würden die wohl mit dir machen, wenn sie dich erwischen würden, wie du zweimal wählst? Oder, Schluck, wenn sie dich hoppnehmen, weil du dich für jemanden anderen ausgibst?

Das Wahlbüro in Banbridge schlug mir freundlicher Weise vor, ich möge doch zu ihrem Büro für die Wahlzulassung in Belfast gehen, was viel leichter wäre, weil ich weiß, wo Belfast liegt. Aber ich müsste mir immer noch frei nehmen, um das zu tun, und man hat einfach nicht immer die Zeit um zu einem Wahlgericht zu gehen.

Als man uns gestattete, unser Registrierungsunterlagen später einzureichen, hatte ich gedacht, dass der Antrag genauso behandelt würde wie jeder, der bis zur ursprünglichen Frist eingegangen war. Wäre ich zuhause gewesen, als das Registrierungsformular eingesammelt wurde, würde ich nun nicht bei einem Wahlgericht vorstellig werden müssen, um meine Würdigkeit für den Wahlvorgang zu beweisen.

Ich bin völlig überfordert rauszubekommen, wie die wohl entschieden haben, wer nach Banbridge oder zu irgendeinem der anderen Büros gehen muss, und wer wählen darf allein Kraft seines Registrierungsformulars. Vermutlich muss nicht jeder persönlich erscheinen. So, wie haben die nun entschieden wer persönlich vorbei kommen muss und wer nicht? Ich vermute, dass die Tatsache, dass die zwei Namen, die in meinem Haushalt zur Registrierung angemeldet wurden in Irisch geschrieben waren, keinen wie auch immer gearteten Einfluss darauf hatte. Ich meine, die Tage der anti-irischen Diskriminierung sind ja nun wirklich endgültig vorbei, nicht war?

Das ist nun eine Angelegenheit für Sinn Féin, und ich muss den Enthusiasmus mit dem gerade diese Partei die Leute ermutigt, sich für die Wahlen zu registrieren, wirklich lobend anerkennen.

Es ist recht, dass man sich registrieren lassen muss, und es ist unser Recht zu wählen. Aber das Wahlbüro versucht, es schwer zu machen, sich für die Wahl registrieren zu lassen. Viel schwerer, als es sein sollte. Dabei spreche ich nicht davon, wie schwer es die Behörden einem machen, tatsächlich zu wählen. Ich spreche hier allein nur von dem Vorgang der Registrierung.

Wie siehst denn du das? Soll ich mir meine Stromrechnung und meinen Kontoauszug als Nachweis meines Wohnortes [es gibt kein Einwohnermeldeamt in der englischen Bürokratie] greifen und mich auf die Abenteurerreise machen und versuchen rauszubekommen, wo genau denn nun Banbridge liegt? Oder soll ich meinem Gefühl folgen und ihnen sagen, dass sie sich ihre Wahl sonst wohin stecken können?

Mein Gefühl drängt mich ihnen zu sagen, sie sollen doch zur Hölle fahren, aber der Geist [der irischen Revolution] von 1916 will, dass ich alle Berge erklimme und alle Ozeane durchschwimme, um meine demokratischen Rechte auszuüben. Was soll ich also tun?

So ist das bei mir. Ich interessiere mich für Politik und fühlte mich mein ganzes Leben lang verschiedenen kulturellen und politischen Anliegen verpflichtet. Wie groß ist da die Wahrscheinlichkeit, dass ein normaler Mensch den Amtsleiter So-und-so zwingt, ihm oder ihr sein/ihr Wahlrecht zu geben? Selbst wenn er/sie dazu berechtigt ist. Die meisten normalen Leute sagen dem Wahlbüro, dass es sie gerne haben kann. Wenn du das Formular ausfüllst, dann solltest du auch im Register stehen. Wählen sollte leicht gemacht werden.

Jede normale Person, von der man verlangt, dass sie nach Banbridge oder sonst wohin fahren soll, um zu beweisen, dass sie berechtigt ist zu wählen, würde dem Wahlbüro sagen, dass sie sich ihre Wahl sonst wohin stecken können!

Übersetzung: Claudia Schlegl, 5.3.2004, Text in eckigen Klammern dient der Erläuterung