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Ein Gespräch in Elorrio auf einer Reise durch das Baskenland

Reisenotizen von Uschi Grandel, 19. August 2008
der Bericht steht auch als >> 2-seitiges PDF zum Download (140KB) << zur Verfügung.

Rathausplatz von Elorrio, © Uschi Grandel
rechts unten: Julen Arzuaga, © Periódico Diagonal)

Als ich Julen Arzuaga im Juni 2008 in Elorrio, einem Städtchen in der baskischen Provinz Bizkaia - nicht weit von Bilbao - treffe, steht der Prozess gegen ihn und 26 weitere Bürgerrechtsaktivisten kurz vor dem Ende. Zehn Jahre oder mehr forderte der Staatsanwalt inzwischen für fast alle Angeklagten wegen angeblicher Zugehörigkeit zu ETA.

Zehn Jahre Haft für Engagement gegen Folter

Julen Arzuaga ist Rechtsanwalt und Koordinator der baskischen Menschenrechtsgruppe Behatokia. Als international anerkannter Experte brachte er mehrfach Foltervorwürfe gegen den spanischen Staat vor die Anti-Folterkommission der UNO.

Lautstarke Mahner

Julen erklärt, dass es keine individuellen Vergehen gibt, die den Angeklagten zur Last gelegt werden. Ihr "Verbrechen" ist ihre führende Rolle als jahrelange Sprecher der baskischen Bürger- und Menschenrechtsbewegung Gestoras Pro Amnistía-Askatasuna (Bewegung Pro-Amnestie - Freiheit). Ihre friedlichen und öffentlichen, aber unbequemen Aktivitäten sollen laut Anklage nicht eigenem Engagement entspringen, sondern den Befehlen der ETA folgen .

Es ist schon sehr durchsichtig, dass sich der spanische Staat die unbequemen und lautstarken Mahner gerne vom Hals schaffen würde: die Pro Amnistía Bewegung erhebt Foltervorwürfe gegen die spanische Polizei. Sie bilanziert Menschenrechtsverletzungen. Sie betreut die über 700 baskischen Gefangenen, die im Zusammenhang mit dem Konflikt derzeit in Haft sind. Sie organisiert Proteste gegen unmenschliche Haftbedingungen und willkürlich verlängerte Haftstrafen. Sie ist in fast jedem Ort im Baskenland vertreten. Wenn sie zu Protesten aufruft, mobilisiert sie Tausende.

Aushöhlung universeller Rechtsprinzipien

Dafür stehen die 27 Angeklagten nun gemeinsam vor dem spanischen Sondergerichtshof "Audiencia Nacional" in Madrid, der für die Fälle zuständig ist, die als terroristisch klassifiziert werden. Sondergesetze ersetzen hier geltendes Recht.

"Wir haben immer wieder unsere Besorgnis über die Verfahren vor der Audiencia National geäußert, in denen die Anwendung spezieller Sondergesetze universelle Rechtsprinzipien, grundlegende und fundamentale Rechte von Verhafteten und Angeklagten aushöhlt",

kritisiert der Verband Europäische Demokratische Rechtsanwälte ( Webseite EDL , vollständige Stellungnahme in englischer Sprache ). Er fordert die Auflösung der Audiencia National und ähnlicher Sondergerichte. Der UN Sonderbeauftragte Scheinin, der im Mai 2008 Spanien besuchte , warnt die spanische Regierung nachdrücklich vor der Ausweitung des Terrorismusbegriffes auf Aktivitäten, die nichts mit Terrorismus zu tun haben ( UN Bericht in englischer Sprache, 14. Mai 2008).

Die spanische Regierung weist jede Mahnung als unzulässige Einmischung zurück.

Ein Hammer gegen Ketzer

Das Urteil im Prozess wird im Herbst verkündet. Julen geht davon aus, dass sie verurteilt werden, weil dies die Vorgabe der spanischen Regierung sei: "ein Hammer gegen Ketzer" nennt er den Sondergerichtshof und seine politischen Urteile.

Bei einem Glas Txakolin, dem landestypischen Weißwein, den man hier vor dem Mittagessen trinkt, erzählt er mir, wie er versucht, mit der Aussicht umzugehen, für Jahre hinter Gefängnismauern zu verschwinden. Er hat seine Projekte an Kollegen übergeben, damit diese notwendige Arbeit weitergeht. Dass dieser Prozess in Europa möglich ist, ist zutiefst beunruhigend. Die spanische Regierung wird mit ihren "Hämmern gegen Ketzer" den Konflikt im Baskenland nicht lösen. Das geht nur im Dialog mit all denen, denen sie gerade die Stimme zu verbieten sucht.

>>>> Erstveröffentlichung des Reiseberichts in Indymedia am 24. August 2008


Weitere Informationen zum Prozess gegen Gestoras Pro Amnistía-Askatasuna:

>>>> Julen Arzuaga: 33/01 - der Prozess gegen Gestoras Pro-Amnistia-Askatasuna
>>>> Interview mit Julen Arzuaga: Sie werden uns verurteilen, weil sie der politischen Vorgabe der PSOE folgen
>>>> EH Watch - Informationen zu den Massenprozessen im Baskenland in spanischer, französischer und englischer Sprache
>>>> Indymedia: Baskenland - Prozess gegen Pro-Amnestieaktive (Alvar Chalmeta, vom 21.4.2008)

Übersicht über Indymediaberichte zum Baskenland seit 2005 (malegría):

>>>> Demokratischer Ausnahmezustand im Baskenland


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