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Schauprozess vor dem spanischen Sondergerichtshof gegen die baskische Organisation Gestoras Pro Amnistía-Askatasuna:

Von Nordirland lernen?

Will die spanische Regierung die alten Fehler der britischen Regierung in Nordirland wiederholen oder aus dem nordirischen Konfliktlösungsprozess lernen? Eine wichtige Lehre ist, dass ein politischer Konflikt nur durch Verhandlungen aller Beteiligten gelöst werden kann. Unterdrückung, Ausgrenzung und Kriminalisierung verschärfen den Konflikt, weil die Verletzung von Menschen- und Bürgerrechten durch den Staat Solidarität und Widerstand der Betroffenen stärkt.

Uschi Grandel, 8. Juni 2008

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Vor dem spanischen Sondergerichtshof Audiencia Nacional in Madrid begann am Montag, den 21. April 2008, ein erneuter Massenprozess. 27 Männer und Frauen stehen vor Gericht, die seit Jahren - manche seit Jahrzehnten - in den Strukturen der baskischen Bewegung Gestoras Pro Amnistía-Askatasuna (Bewegung Pro-Amnestie - Freiheit) aktiv sind. Ihre Aktivität richtet sich gegen staatliche Unterdrückung und Willkür, gegen Folter, für die Solidarität mit den vielen politischen Gefangenen aus dem Baskenland, die auf Gefängnisse in ganz Spanien verteilt sind.

Links: Verhandlungstag im Prozess gegen Gestoras, Audiencia National, Madrid
Rechts: mehr als 16.000 Menschen demonstrieren am 17.5.2008 in Bilbao ihre Solidarität mit den 27 Angeklagten

Der Verband "Europäische Demokratische Rechtsanwälte (EDL)"
fordert die Auflösung des Sondergerichtshofs , der mit Sondergesetzen
"universelle Rechtsprinzipien und fundamentale Rechte aushöhlt"

( >>>> Erklärung des EDL zum Prozess gegen Gestoras Pro Amnistía-Askatasuna
>>>> Webseite des EDL)

Sondergesetze gegen baskische Menschenrechtsaktivisten

Die Arbeit der Pro-Amnestie Bewegung ist im Baskenland und auch europaweit bei Menschenrechtsorganisationen hoch geachtet. "Gestoras Pro Amnistía-Askatasuna ist nicht nur bekannt sondern anerkannt", schreibt der Kommentator der baskischen Zeitung GARA.

Ihre Arbeitsweise ist offen und transparent, sie reicht von der Organisation von Protesten, über praktische Hilfe für Gefangene bis zur Aufarbeitung von Zahlenmaterial über die Formen der Unterdrückung durch die Polizei und Justiz des spanischen und (in geringerem Umfang) auch des französischen Staates. Ihre Aktionen sind friedlich, im Rahmen der Gesetze und öffentlich. Die spanische Regierung unter Zapatero setzt wie die Regierungen vor ihr, im baskischen Konflikt auf Unterdrückung, nicht auf eine Lösung. Aber der Konflikt ist nicht nur, wie es die spärlichen Medienberichte vermuten lassen, die Auseinandersetzung des Militär- und Polizeiapparates des spanischen Staates mit der ETA. Der spanische Nationalismus trifft auf eine Unabhängigkeitsbewegung, die sehr lebendig alle sozialen, kulturellen und politischen Lebensbereiche umfasst und tief in der baskischen Gesellschaft verwurzelt ist.

Spaniens Demokratieverstöße im Baskenland zum Scheitern verurteilt

Die spanische Regierung könnte einen Blick auf den Konfliktlösungsprozess in Nordirland werfen und daraus lernen. Die britische Regierung scheiterte kläglich daran, die Solidarität mit den Gefangenen, mit den Verfolgten, mit den Opfern von Todesschwadronen zu verbieten und von der Strasse prügeln zu lassen. Letztendlich musste sie lernen, dass staatliches Unrecht Märtyrer schafft und dass hunderte politische Gefangene tausende Familienangehörige, Freunde und Bekannte haben. 100.000 Menschen folgten dem Sarg von Bobby Sands, der 1981 im Hungerstreik für die Anerkennung als politischer Gefangener starb. Der Protest, der zehn Gefangene das Leben kostete, brachte den Versuch der britischen Regierung zum Scheitern, den politischen Konflikt zur kriminellen Verschwörung umzudeuten, um damit die politischen Gegner als Kriminelle zu isolieren.

Mitgefühl und Solidarität unter Strafe

Weit über 700 politische baskische Gefangene gibt es derzeit. Das sind mehr als gegen Ende des Franco Regimes Mitte der siebziger Jahre. Seit 1969 hat die Zahl der Gefangenen diese Höhe nicht mehr erreicht. Gestoras Pro Amnistía-Askatasuna ist in praktisch jeder Stadt und jedem Dorf in den baskischen Gebieten vertreten. Sie mobilisiert tausende Baskinnen und Basken zu Solidaritäts- und Protestaktionen. Kein Wunder ist sie einer Politik der Entrechtung und der Illegalisierungen ein Dorn im Auge. Seit 2001 ist sie nun selbst suspendiert, einige ihrer bekanntesten Sprecher saßen zum Teil bereits vier Jahre in Untersuchungshaft, ohne je ein Gerichtsverfahren gesehen zu haben.

Den Prozess, der am Montag, den 21. April 2008, begann, sehen die Angeklagten als Schauprozess. Für sie steht das Urteil fest. Die Staatsanwaltschaft fordert zehn Jahre für jeden der Angeklagten "wegen Zugehörigkeit zu einer bewaffneten Organisation".

Einer der Anklagepunkte wirft den Angeklagten "Formen der Auseinandersetzung, die komplementär zu denen der ETA sind" vor. Des Weiteren wirft die Anklageschrift der Organisation vor, "das Mitgefühl (auszunutzen), das durch die angebliche Verletzung der Rechte der ETA-Gefangenen entsteht, um neue Freiwillige zu generieren, die die operative Struktur der ETA erneuern". Die spanische Regierung lässt derzeit nicht einmal die Entlassung schwer kranker Häftlinge zu. Was meint sie wohl zu erreichen, wenn sie Mitgefühl und Solidaritätsaktionen unter Strafe stellt?

Politische Justiz

Julen Arzuaga
"Diese Art von Prozessen politischer Justiz entfernt uns weiter von den Zielen, die wir mit der baskischen Gesellschaft teilen: ein Ende der Unterdrückung und eine endgültige Lösung des baskischen Konflikts."

schreibt Julen Arzuaga am Schluss seines Berichts "33/01 - der Prozess gegen Gestoras Pro Amnistía-Askatasuna", in dem er über die Hintergründe der Anklage, des Prozesses, sowie der Arbeit und Geschichte von Gestoras schreibt. Julen Arzuaga ist Jurist, Koordinator der Menschenrechtsorganisation Behatokia( http://www.behatokia.info/ ) und selbst Angeklagter im Prozess.

Nicht die Solidaritätsarbeit von Gestoras Pro Amnistía, dieser Prozess ist ein Verbrechen!

>>>> Julen Arzuaga: 33/01 - der Prozess gegen Gestoras Pro-Amnistia-Askatasuna
>>>> EH Watch - Informationen in spanischer, französischer und englischer Sprache


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