Gastkommentar von Wolfgang Kuhlmann (FTA, http://friedenstreiberagentur.de/index.php ):
"Das Gesetz ... wenig mehr als eine propagandistische Hülle ..."
'Alles, was eine Regierung und ihre ausführenden Organe tun, um
Aufstände zu bekämpfen, muss legitim sein. Das heisst jedoch
nicht, dass die Regierung während eines Notstandes im selben
gesetzlichen Rahmen handeln muss, der zuvor existierte.
Das Gesetz sollte als weitere Waffe im Arsenal der Regierung
Verwendung finden. Es ist dann wenig mehr als eine
propagandistische Hülle zur Beseitigung unliebsamer Teile der
Bevölkerung.
Das einleitende Zitat - vom wem ist es?
Erinnert es an die NS-Zeit?
Sprachen Helmut Schmidt oder Franz-Josef Strauß so in der Bleiernen
Zeit, als sie gegen die RAF zu Felde zogen im kriegerischen Sinne des
Wortes?
Ist es ein bislang verborgen gebliebenes Zeugnis aus Schilys oder
Schäubles "Kampf gegen den Terror"? Ist es die Begleitmusik zu einem
kommenden neuen Paket von "Sicherheits"gesetzen?
Es ist nichts von alledem - und doch vergleichbar.
Das Zitat lautet im Original:
'Everything done by a government and its agents in combating
insurgency must be legitimate. But this does not mean that the
government must work within exactly the same set of laws during
an emergency as existed before hand. The law should be used as
just another weapon in the government's arsenal, in which case it
becomes little more than a propaganda cover for the disposal of
unwanted members of the public
Es soll niemand wegen des englischsprachigen O-Tons darüber
spekulieren, ob nicht auch Rumsfeld, Bushs Justizminister oder der
Präsident höchstselbst als Zitat-Geber in Frage kommen. Auch Musharraf
mit seinem gestrigen Putsch könnte einem in den Sinn kommen.
Doch sie alle waren es nicht.
Es war ein Brigadegeneral aus einem der Länder, die sich gerne als
Wiege der Demokratie darstellen. In diesem Fall kommt er aus
Großbritannien und heißt Sir Frank Kitson. Brigadegeneral Kitson
befehligte die britischen Besatzungstruppen 1971/1972 in den Six
Counties (vulgo: Nordirland) gegen irische Bürger- und
Menschenrechtler und die aufgrund des Agierens der Besatzungsmacht zu
neuer Kraft kommenden IRA.
In diesem kleinen Absatz faßte seine Erfahrungen nach dem Zweiten
Weltkrieg aus dem Kampf gegen Befreiungsbewegungen vor allem in
Malaysia zusammen. Eine noch schärfere Formulierung stammt ebenfalls
aus seiner Feder:
"It is the job of soldiers to know how to use civil as well as
military methods for fighting subversion. . . . Civil
administrators are not taught how to do it."
Das Eingangszitat ist dem 1971 erschienenen Buch "Low Intensity
Operations: Subversion, Insurgency, Peacekeeping" entnommen.
>>>> High Beam Encyclopedia 17.12.1993 /McEoin): Many land mines on road to Irish peace;
rumors, scandals distract from real story of terrorism. (Northern Ireland) <<<<
Original erschienen in: National Catholic Reporter
>>>> Irish Examiner 07.02.2007 (Leserbrief Liam Burke): Collusion has a long history <<<<
Es war die Art von Besatzungspolitik, die Kitson auch in den Six
Counties zu betreiben versuchte. Und mit der er und seine Nachfolger
scheiterten. Militär kann aufkeimende Demokratie und
Freiheitsbewußtsein weder mit "Shoot to Kill"-Politik noch mit
Notstands- und Sicherheitsgesetzen dauerhaft aufhalten.
Das wird auch Israel in Bezug auf die Palästinenser lernen müssen.
Die USA und der sie stützende Teil der Staatenwelt erfahren gerade
ihre an Vietnam erinnernden allmählichen Niederlagen in Afghanistan
und im Irak.
Wozu in die Ferne schweifen, liegt das Übel doch möglicherweise
bereits sehr nah: unsere "Generäle" Schäuble und Jung. Haben sie ihre
"Generation Kitson" in der Bundeswehr bereits gefunden, die skrupel-
und gewissenlos gegen soziale Unruhen in der BRD vorgehen würde, wenn
der übliche soziale Kitt wie Kirche und Gewerkschaften seine bislang
hervorragende Bindungskraft an den Kapitalismus dereinst verlieren
sollte?
Gedanken angesichts eines Artikels auf den Seiten des Info Nordirland,
in dem das Zitat vorkam und zu Abschweifungen einlud.
Es war jedoch nicht der einzig interessante Punkt des Artikels, einer
Rede des Sinn-Fein-Präsidenten Gerry Adams, dessen Partei in den Six Counties
eine Art von Vize-Regierungschef stellt. Die
Rede - gehalten für eine weitere Aussöhnung mit den zivilen Opfern der
IRA - verdient es, als eigenständiges Ganzes gelesen zu werden. In ihr
wird auch noch einmal der (nord)irische Weg von einer
Kriegsgesellschaft zu einer hoffentlich haltbaren Friedensgesellschaft
beschrieben:
>>>> Info Nordirland, Sinn Féin News, 1. November 2007 (Adams), Exploring different routes to peace <<<<
>>>> Info Nordirland, Sinn Féin News, 1. November (Adams), Verschiedene Wege zum Frieden ausloten <<<<
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