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40. Jahrestag der Gründung der Bürgerrechtsbewegung in Nordirland

Foto: Martin McGuinness auf dem Sinn Féin
Ard Fheis, März 2007, Dublin
Martin McGuinness, Sinn Féin, stellvertretender First Minister, MP, MLA
Rede auf der International Civil Rights Conference im Rathaus der Stadt Derry

Samstag, 4. Oktober 2008

Sinn Féin News, 5. Oktober 2008

"Wir kämpfen immer noch um Bürgerrechte ..."

Wenn wir die Ursprünge der Bürgerrechtsbewegung, an die wir heute nachmittag erinnern, zurückverfolgen, müssen wir auf die desaströse Entscheidung in Downing Street zurückblicken, von der irischen Bevölkerung (Anfang 1920) die Spaltung Irlands zu erzwingen - unter Gewaltandrohung, mit der Waffe in der Hand. Es folgten 50 Jahre unionistischer (pro-britischer) Zwangsherrschaft, 50 Jahre Unterdrückung, Diskriminierung und Ungleichheit. Die Situation eskalierte auf unseren Strassen vor 40 Jahren.

1968 hatte der Politische Unionismus die Kontrolle ...

Heute ist die Situation in Derry eine andere als 1968. Es gibt natürlich noch Etliches zu tun - es gibt die Notwendigkeit einer Gleichheit bei Arbeit und Investitionen, es gibt Widerstand gegen änderungen und den Wunsch einiger Elemente des Unionismus, Oranierorden wieder zu instrumentalisieren und ihre Nachbarn zu dominieren.

Vor 40 Jahren kamen auf den Strassen dieser Stadt Männer und Frauen verschiedener Lebenserfahrung, verschiedener Generationen und verschiedener politischer Wurzeln gleichberechtigt zusammen und wir forderten unsere Rechte. Einige mutige unionistische Stimmen waren ebenfalls zu hören. Sie wussten, dass das, was passierte, falsch und die Zeit für unionistische Zwangsherrschaft vorbei war.

Aber der politische Unionismus hörte nicht zu. Er hatte kein Interesse an Veränderung.

Und der Unionismus würde versuchen, an all dem festzuhalten, und Gewalt und Einschüchterung zur Verteidigung seiner Interessen einzusetzen.

In der derzeitigen Krise geht es um Machtteilung auf der Grundlage gleicher Rechte

Ich sage das alles nicht, um einfach die Vergangenheit Revue passieren zu lassen und Schuld zuzuweisen, sondern weil es in direkter Weise relevant für unsere derzeitige Situation ist. Bedauerlicherweise gibt es immer noch Teile des politischen Unionismus, die sich weigern, die Vergangenheit und die Rolle, die sie darin hatten, einzugestehen.

Sie sehnen sich zurück in die 1960er oder in noch frühere Zeiten, und stellen es sich als eine Art goldenes Zeitalter vor, in dem es nicht all diese Veränderungen gab. Und trotz des bedeutenden und hochwillkommenen Fortschritts der letzten Jahre existiert diese Geisteshaltung - kein Millimeter Bewegung und "no surrender" - in einigen Kreisen des politischen Unionismus, im Speziellen in der DUP, immer noch.

Fakt ist, dass es in den Reihen der DUP immer noch diejenigen gibt, die eine Teilung der Macht als Konzept oder als politische Praxis ablehnen. Sie akzeptieren nicht, dass die Tage der unionistischen Mehrheitsregierung für immer vorbei sind. Sie glauben, dass sie durch eine Verzögerungstaktik das Karfreitags- und das St. Andrew-Abkommen aushöhlen können. Das ist der Kern der gegenwärtigen Krise der politischen Institutionen.

Es geht nicht darum, ob es ein Treffen der Exekutive gibt oder nicht - es geht um gemeinsames Regieren und Machtteilung unter den neuen politischen Bedingungen. Es geht (für die pro-britischen Unionisten) darum, die Rechte und Ansprüche der Nationalisten und Republikaner zu akzeptieren, die wir im Verlauf vieler Jahre in harten Verhandlungen errungen haben. Wenn eine Partei die gemeinsame Regierung und die Teilung der Macht auf der Grundlage gleicher Rechte nicht richtig findet, dann ist sie es, die die politischen Institutionen in Gefahr bringt.

Das unionistische politische System muss verstehen und akzeptieren lernen, dass das Leben sich für alle geändert hat. Der einzige Weg, auf dem ein unionistischer Politiker jetzt oder in der Zukunft einen Anteil echter politischer Macht erringen kann, ist die Partnerschaft mit (irischen) Nationalisten und (irischen) Republikanern.

Sinn Féin wird die Institutionen des Good Friday Agreement (des Karfreitagsabkommens) verteidigen. Wir werden die Rechte und Ansprüche eines jeden verteidigen, vor allem derjenigen, die uns gewählt haben. Wir verteidigen die Rechte jedes Bürgers, vor allem derjenigen, denen ihre Rechte so lange vorenthalten wurden. Die nationalistische und republikanische Community hat Sinn Féin die Verantwortung übergeben, sie durch diese Phase des Prozesses zu führen. Sie haben uns wiederholt ihr Vertrauen geschenkt.

Und Sinn Féin will erreichen, dass die politischen Institutionen funktionieren. Letzte Woche hat Sinn Féin trotz der Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Exekutive als Zeichen unseres guten Willens am Treffen der British Irish Conference teilgenommen.

Die Entscheidung der DUP, das für gestern geplante Treffen des North South Ministerial Council zu blockieren, verstärkt den Eindruck, dass die DUP sich nicht Partnerschaft und Gleichheit verpflichtet fühlt. Realität ist, dass Sinn Féin seit Juni, als Peter Robinson neuer Führer der DUP wurde, versucht, mit der DUP reelle und substantielle Verhandlungen zu führen. So war es in Downing Street ausgehandelt worden. Die DUP hat jeden echten Dialog vermieden. Sie argumentiert ausserdem, dass das St. Andrew Abkommen, das sie einst als grossen Sieg der DUP gefeiert hatte, nun nicht länger für sie gelte.

Diese Position ist nicht haltbar und ist eine Herausforderung für beide Regierungen (die britische und die irische, die die Einhaltung der Abkommen garantieren). Wenn eine gemeinsame Regierung der DUP zu viel ist, dann ist es Aufgabe der beiden Regierungen, die nötigen Entscheidungen zu treffen und die nötigen politischen änderungen umzusetzen, um den politischen Fortschritt im gesamtirischen Kontext zu garantieren, so wie er im Good Friday- und St. Andrews Abkommen festgelegt ist. Die britische Regierung weiss, wo das Problem liegt. Gordon Brown hat Stormont vor zwei Wochen besucht und das für alle sichtbar klargestellt. Der ehemalige Taoiseach, Bertie Ahern, der die irische Regierung in St. Andrews repräsentierte, tat dies kürzlich auch.

Die Lösung ist die Einwilligung der DUP, die partnerschaftlichen Vereinbarungen umzusetzen und einem Zeitplan für den Transfer der Kontrolle über Polizei und Justiz (von der britischen Regierung an die nordirische Regionalregierung) zuzustimmen.

... (geringfügig gekürzt)

Wir kämpfen immer noch um Bürgerrechte und nationale Rechte ...

über Generationen war die RUC und damit die Polizei die Bastion des Unionismus. Das ist nicht länger so.

Vor 40 Jahren mussten wir in dieser Stadt die Brutalität und die Bösartigkeit schlechter Polizeiarbeit am eigenen Leib erfahren. Wir werden dies niemals wieder zulassen. Obwohl wir Vorbehalte haben, haben Nationalisten und Republikaner die Polizei akzeptiert und wir sind entschlossen, sie so zu formen, dass sie den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts und unserer Communities gerecht wird.

Ich glaube, dass wir einen wichtigen Punkt im Prozess für die Schaffung eines neuen Rahmens erreicht haben. Ich glaube, dass die derzeitigen Schwierigkeiten gelöst werden können. Ich glaube, dass eine übereinkunft zwischen mir und Peter Robinson eine starke und positive Botschaft für die Zukunft wäre.

Um vorwärts zu kommen, bedarf es politischer Courage und politischer Führung. Es bedarf realer und ernsthafter gemeinsamer Regierung und gemeinsamer Teilung der Macht.

Vor 40 Jahren führten unsere Demonstrationen durch Duke Street und durch viele andere Strassen und Wege dieses nördlichen Staates. Wir forderten Veränderungen und Bürgerrechte. Wir kämpfen immer noch um Bürgerrechte und nationale Rechte. Es ist nicht vorbei und ein Zurück darf es nicht geben. Das müssen wir sicherstellen.


übersetzung: Uschi Grandel, http://archiv.info-nordirland.de/, 5. Oktober 2008 (Erläuterungen in Klammern)
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