FRANKFURTER RUNDSCHAU

Verfahrene Situation

Solange die Unionisten sich weigern, ihre Wagenburg zu verlassen, wird der Friedensprozess in Nordirland nicht vorankommen

Von Detlef Franke

Der langwierige und schwierige Friedensprozess in der britischen Unruheprovinz Nordirland hat einen schweren Rückschlag erlitten. Fünf Tage lang galt das Angebot der Irisch Republikanischen Armee, ihre Waffen unbrauchbar zu machen. Nun haben die Republikaner ihre Zusage, die sie dem Vorsitzenden der internationalen Entwaffnungskommission, Ex-General John de Chastelain, übermittelt hatten, wieder zurückgenommen. Ursache für den Rückzug der IRA ist das Verhalten der Unionisten von David Trimble, die mit Misstrauen und der Forderung nach sofortiger Waffenabgabe reagiert hatten.

Die IRA räumt in ihrer Erklärung ein, der Schritt, die Waffen unbrauchbar zu machen, sei ihr nicht leicht gefallen. Aber Friedenswahrung, schreibt die IRA weiter, ist eine gemeinsame Anstrengung. Damit benennen die Republikaner den Kern des Problems. Die unionistische Seite hat immer nur neue Forderungen nachgeschoben, geschweige denn ihre Untergrundorganisationen zur Waffenabgabe angehalten. Schon verlangen einige ihrer Hardliner von der britischen Regierung, sämtliche Zugeständnisse (Reform der Polizei, Teilabzug der Truppen) aus dem Friedenspaket zu streichen.

Solange die Unionisten sich weigern, ihre Wagenburg zu verlassen, wird der Friedensprozess in Nordirland nicht vorankommen. Die IRA will die Entwicklung weiter beobachten. Damit bleibt die Tür für weitere Gespräche offen. Die streitenden Parteien haben noch sechs Wochen Zeit für eine Einigung. Doch es bedarf einer Menge Fantasie, sich eine Lösung für die verfahrene Situation vorzustellen.

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Dokument erstellt am 14.08.2001 um 21:45:16 Uhr
Erscheinungsdatum 15.08.2001