FRANKFURTER RUNDSCHAU

Vorwurf gegen nordirische Polizei

Agent will vor Sprengstoffanschlag von Omagh gewarnt haben

Von Reinhart Häcker

Die britische Polizei hatte offenbar rechtzeitig vor dem Bombenanschlag vor drei Jahren im nordirischen Omagh einen Tipp bekommen.

LONDON, 17. August. Das behauptet ein britischer Ex-Soldat, der damals im Unruhegebiet als Agent für den nordirischen Geheimdienst arbeitete. 48 Stunden vor der Explosion in Omagh habe er Details über den geplanten Anschlag der "wahren IRA" erfahren und an die nordirische Polizeitruppe RUC weitergeleitet, sagte er. Bei dem schlimmsten Anschlag in Nordirland waren vor drei Jahren 29 Menschen getötet und 250 verletzt worden.

Die Ombudsfrau für Polizeiangelegenheiten in Nordirland, Nuala O'Loan, leitete am Freitag eine Untersuchung der Vorwürfe ein. Auch der britische Nordirland-Minister John Reid erklärte, die Zusammenhänge müssten jetzt so exakt wie möglich aufgedeckt werden. Er könne nur hoffen, die Beschuldigungen seien grundlos.

Wenn die Zeugenaussage stimmt, hat die RUC seine Angaben entweder sträflich vernachlässigt oder bewusst unter den Tisch fallen lassen, um die politische Lage in der Unruheprovinz anzuheizen.

Der Agent will zwei Tage vor der Explosion einen Bombenexperten der Gruppierung getroffen haben, der erzählt habe, "etwas Großes" stehe bevor. An seiner Kleidung hätten sich deutliche Spuren von Düngemittel befunden. Zur Herstellung einer 300-Kilo-Bombe des Sprengstoffs Semtex, wie sie in Omagh verwendet wurde, müssen große Mengen von Dünger zermahlen werden. Da die Mischung aus Düngemitteln und Brennmaterial nur höchstens eine Woche stabil bleibt, müsste ein Anschlag für die allernächsten Tage geplant gewesen sein. Dies habe er seinem RUC-Kontaktmann gemeldet.

"Ich konnte nicht sagen, dass gerade in Omagh ein Anschlag geplant war", sagte der Zeuge. Aber er habe den Namen und das Auto-Kennzeichen des Bombenbauers weitergegeben. Zwei Tage später ist der Sprengsatz dann in Omagh explodiert. Seit langem kursieren Vermutungen, wonach die Polizei mehr über den Anschlag wusste, als sie zugibt. Jetzt scheint es dafür auch Beweise zu geben.

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Dokument erstellt am 17.08.2001 um 21:44:46 Uhr
Erscheinungsdatum 18.08.2001