Irish
Republican News and Information, RM Distribution, 8-11 April, 2001, http://irlnet.com/rmlist/
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Box 160, Galway, Ireland, Phone/Fax: (353)1-6335113
Die
Freiheit, unbehelligt vom Terror bigotter Fanatiker zu leben
REPORTAGE
VON LAURA FRIEL
Die Familien Hayles und Christie von Nord Belfast träumen von dem Recht,
unbehelligt vom Terror bigotter Fanatiker zu leben. Sie würden gerne ihre
Kinder und Enkel zur Schule schicken, ohne dass diese dort bedroht und
angespuckt würden. Sie würden gerne ruhig in einem Haus ihrer eigenen Wahl
wohnen und nachts ruhig schlafen im Bewusstsein, dass ihr Haus sicher vor
Attacken mit Steinen, Bomben und Kugeln ist. Sie hätten gerne die Gewissheit,
dass ihre Namen und persönlichen Informationen nicht von der Polizei an
loyalistische Todesschwadronen weitergegeben wurde und sie träumen von einer
Polizei, deren Aufgabe wäre, Bürger wie sie zu beschützen. Aber für die
Familien Hayles und Christie scheinen diese selbstverständlichen Wünsche ein
unerreichbarer Traum zu sein.
Im vorderen
Wohnzimmer seines Hauses beschreibt William Christie, Vater und Großvater in
seinen späten Sechzigern, die letzten Attacken auf seine Familie. Er ist
erstaunlich ruhig und sachlich, aber es ist eben nur die letzte Attacke in
einer Serie von Anschlägen und das Leben muss weitergehen.
Am Donnerstag, den 5. April, um ca. 22.30 Uhr fährt ein brauner Vauxhall
Cavalier vor Christies Haus in der Alliance Avenue vor. Drei Männer waren im
Auto. Williams Tochter Lisa sah das Auto von einem Fenster im Obergeschoss.
Einer der Männer auf dem Rücksitz legte ein Gewehr an und fing an, durch das
hintere Autofenster auf das Haus zu schießen.
„Lisa schrie runter zu uns ‚sie schießen auf das Haus’ “, erzählte
William. Dasselbe Auto war der Familie schon früher aufgefallen. Die beiden
Töchter Williams standen im Vorgarten, als der braune Vauxhall kurz vor dem
Haus auftauchte, um dann mit Vollgas Richtung Deerpark zu verschwinden. Eine
halbe Stunde später kam das Auto zurück und die Insassen begannen zu
schießen.
Zwei Kugeln zerstörten ein Fenster im Obergeschoss, weitere Kugeln steckten
im Mauerwerk. Zwei Kugeln schlugen große Löcher ins oberste Fenster. Niemand
war im diesem Raum während der Attacke. William war mit seiner Frau und einer
Tochter im Erdgeschoss. Die Enkel schliefen in einem anderen Zimmer. Williams
Tochter war mit ihrem Mann und ihren vier Kindern erst kürzlich eingezogen,
nachdem ihr eigenes Haus von Loyalisten überfallen wurde. Im Flur und im
Esszimmer stapeln sich noch ihre Habseligkeiten.
„Wir lebten als Katholiken am falschen Ort“, sagt Williams Schwiegersohn
Harry Hayles. Das Haus der Familie Hayles steht in der Westland Road, nur ein
paar hundert Meter von Christies Haus in der Alliance Avenue entfernt. Nur zehn
Minuten zu Fuß entfernt, ist das Haus der Hayles das letzte in der Strasse,
das von einer katholischen Familie bewohnt wird. Und als Haus mit der geringsten
Entfernung zum nahegelegenen loyalistischen Westland Bezirk, war die Familie
Hayles das favorisierte Angriffsziel der UDA, die auf diese Weise ihre Macht im
Bezirk aufrechterhalten will.
Im Oktober vor zwei Jahren warnte eine kodierte Nachricht an die Britische
Telekom vor einem Bombenattentat auf die Familie Hayles, es wurde jedoch nichts
gefunden. Einen Monat später wurden Fenster von einem loyalistischen Mob
eingeworfen, die die entsetzte Familie mit rassistischen Beleidigungen
überschüttete. Als die Familie zwei Tage später von der Geburtstagsfeier
ihrer Tochter nach Hause kam, mussten sie feststellen, dass sie Opfer eines
Bombenattentats geworden waren. Fenster waren durch die Explosion gebrochen,
eine zweite Bombe wurde im Vorgarten des Nachbars gefunden. „Die RUC
informierte mich, dass mein Leben in Gefahr sei“, erzählt Harry, „meine
persönlichen Daten seien in den Händen loyalistischer Todesschwadronen“.
Im Frühjahr 2000 wurden die Fenster des Hauses erneut eingeworfen, eine ca.
30jährige Frau beschimpfte die 12jährige Tochter als „Fenian bastard“.
William Christie wurde von einer loyalistischen Gang verprügelt, als er nach
einem Besucht bei Tochter und Enkel in deren Westland Haus nach Hause ging.
Im Sommer wurde die Familie von einem 40-Personen zählenden Mob angegriffen,
die drohten, das Haus rot-weis-blau anzustreichen und Feuer zu legen. Die
Familie lebte in ständiger Furcht vor Benzinbomben. „Wir hatten Feuerlöscher
in jedem Raum“, erzählt Harry. „Du hattest Angst, nachts zu fest zu
schlafen.“
Ein anderes Mal strichen Loyalisten den Bürgersteig vor dem Haus der
Familie rot-weiss-blau an. „Die RUC weigerte sich, einzuschreiten“, erzählt
Harry, „sie sagten, es sei nur für einen Monat.“ Als eine Gang,
erkenntlich an den loyalistischen Symbolen, die sie mit sich führten, auf dem
Höhepunkt des Drumcree-Protestes katholische Häuser entlang der Westland
Strasse attakkierte, und die Anwohner versuchten, den Mob auf Distanz zu
halten, beschrieb die RUC den Zwischenfall als Auseinandersetzung zwischen ‚rivalisierenden
Gangs’. „Anwohner waren in ihren Schlafanzügen und Morgenmänteln vor dem
Haus, um ihre Familien und Häuser zu verteidigen“, sagt Harry, „weil die
RUC nichts getan hat“.
Im Herbst wurden Harry und seine Frau unterwegs von der RUC gestoppt. Die
RUC informierte sie, ihr Haus sei attackiert worden und sie würden besser
heimfahren. „Sie lachten, als sie uns das erzählten“, sagt Harry. „Ich
habe früher jeden Vorfall der RUC gemeldet, aber das nutzt nichts. Sie
beschützen uns nicht. Ich traue der RUC nicht und je früher sie aufgelöst
werden, desto besser.“
Im Oktober 2000 zog die Familie aus, aber die Angriffe blieben. „Mein
9jähriger Sohn besucht eine gemischte Schule“, sagt Harry. Kind und Mutter
sind ständig bigotten Belästigungen und Attacken wie Beleidigungen, Anspucken
und einmal sogar einem tätlichen Angriff ausgesetzt. „Andere Mütter, die
ihre Kinder zur Schule bringen, bespucken meine Frau“, erzählt Harry, „ich
kann es kaum glauben, meine Frau kommt heim und der Rücken ihres Mantel ist voller Speichelflecken.“
„Ich bin nicht verbittert“, sagt Harry, „ich weiß, es gibt hier viele
anständige Protestanten. Während der Attacken in der Westland Strasse kamen
protestantische Nachbarn vorbei und boten Hilfe an, obwohl sie sich damit den
Zorn der UDA zuzogen.“
Eine lokale
Zeitung informierte William Christie kürzlich, das er und seine Söhne auf
einer loyalistischen Todesliste stünden. Als William die lokale RUC
kontaktierte, und sie bat, die Information zu bestätigen, wusste die RUC von
nichts. Vier Stunden später erhielt er zu Hause Besuch von der RUC, die ihn
informierte, dass er und seine Söhne von Loyalisten bedroht sei. „Wenn die
lokale Zeitung Nord Belfast News das weiß, muss es die RUC auch wissen“, sagt
Williams. „Warum hält die RUC
die Informationen zurück?”
Die beiden
Familien sind bewundernswürdig ruhig und gefasst, aber der Terror bleibt
bittere Wahrheit. Wenn das Karfreitagsabkommen mehr wert werden soll, als das
Papier, auf dem es geschrieben steht, darf die Freiheit vor bigottem Terror für
Familien wie die Hayles und Christies kein Traum bleiben, sondern muss
Wirklichkeit werden.
Übersetzung:
13.04.2001, Uschi Grandel, Holzhaussiedlung 15, 84069
Schierling, uschi@info-nordirland.de