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Sinn Féin Ard Fheis (Parteitag) 2008:

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Bedeutende politische Entwicklungen
Grundsatzrede von Martin McGuinness

... wir hätten nie diesen Erfolg erzielt, wenn nicht jeder/jede Einzelne von Euch seinen/ihren Teil dazu beigetragen hätte - seien es Kampagnen zum Thema Polizei oder zu den Gefangenen, zu den Strassen im Grenzgebiet, zur Gerechtigkeit für die Opfer, oder zu kulturellen und politischen Rechten. Erfolg wäre nicht möglich gewesen ... ohne die Kampagnen von aussen.

Seit wir uns das letzte Mal hier zu unserem Ard Fheis versammelt haben, haben wir bedeutende politische Entwicklungen erlebt. Am 8. Mai letzten Jahres hat der irische Republikanismus einen neuen Weg beschritten. Wir sind in eine gemeinsame Regierung mit der DUP eingetreten. Allen Widrigkeiten zum Trotz haben wir unbestritten grosse Fortschritte erzielt.

Politik und Beziehungen auf dieser Insel transformieren

Wer hätte sich getraut vorherzusagen, dass Ian Paisley und ich gemeinsam eine Regierung im Norden führen werden? Wer hätte sich getraut vorherzusagen, dass an jedem einzelnen Tag Sinn Fein und die DUP gemeinsam zusammensitzen, Probleme lösen und erfolgreich Regierungsarbeit machen? Wir haben bereits ein Budget verabschiedet - abgestimmt und auf Gleichberechtigung überprüft - eine 18 Milliarden £ Investitionsstrategie und ein leistungsfähiges Programm für die Regierung.

Jede Woche arbeiten Minister aus dem Norden und dem Süden (Irlands) zusammen und treffen Entscheidungen, die das Leben aller Menschen auf dieser Insel betreffen. Das ist aktive gesamtirische Politik. Und das alles, obwohl wir diesen Weg noch nicht einmal ein Jahr lang gehen. Überlegt Euch, welche Schritte wir machen können, wenn wir das zweifelsohne vorhandene Potential an Möglichkeiten erschliessen, die vor uns liegen.

Jeder und jede einzelne von euch in diesem Raum hat seinen/ihren Teil dazu beigetragen, die Politik und die Beziehungen auf dieser Insel zu transformieren.

Über Jahre hinweg haben die SDLP und andere Sinn Fein als die Problempartei bezeichnet. Sie haben behauptet, wir seinen zu einem solchen Abkommen nicht fähig. Nun, Sinn Féin war fähig, tragfähige Institutionen zu bilden. Wir haben das Karfreitagsabkommen (Good Friday Agreement) weiter umgesetzt. Im Gegensatz zu David Trimble und Seamus Mallon - haben Ian Paisley und ich nicht zugelassen, dass unterschiedliche Persönlichkeiten und politische Vorstellungen die Regierung im Norden zum Stillstand bringen.

Gemeinsame Regierungsarbeit mit der DUP ist nicht leicht. Das ist nicht leicht für uns und nicht leicht für die DUP. Das hat auch keiner erwartet. Aber es gibt einen offenkundigen gegenseitigen Nutzen für alle Menschen, die hier leben, wenn dieses Abkommen funktioniert. Und es hat bisher funktioniert und es wird auch weiterhin funktionieren. Die Tatsache, dass ich in einer Regierung mit der DUP sitze, hat meinen irischen Republikanismus kein bisschen verwässert. Ian Paisley weiss, dass ich mich Irland verpflichtet fühle.

Aber wir sollten auch den Weg würdigen, den die DUP in den letzten Jahren gegangen ist. Viel zu viele Jahre war den Menschen in Irland nur zu bewusst, wogegen die DUP stand. Sie war gegen Sinn Fein, sie war gegen eine gemeinsame Regierung, gegen das Karfreitagsabkommen und gegen Änderungen bei der Polizei. Nun sind die Menschen in Irland fasziniert von einer DUP Nua (einer neuen DUP). Die Menschen freuen sich, dass die DUP nun in einer gemeinsamen Regierung mit Sinn Fein arbeitet und dass sie sich an den gesamtirischen Gremien beteiligt.

Ein wachsender Anteil meiner Arbeit sieht mich in Gesprächen mit Wirtschaftsführern aus allen Ecken Irlands. Ich muss sagen, dass diese Leute die Logik der gesamtirischen Ökonomie bereits verinnerlicht haben. Für die sich entwickelnde gesamtirische Ökonomie ist die Grenze bereits irrelevant. Für diejenigen, die grosse Infrastrukturprojekte für Strassen und Bahnstrecken planen, ist die Grenze bereits irrelevant. Genauso irrelevant ist die Grenze für eine wachsende Zahl an Entscheidungsträgern in vielen Bereichen.

Es gibt da draussen noch viele, die den Änderungen in unserer Gesellschaft ablehnend gegenüber stehen.

Nichts von alledem ist zufällig passiert. Es erforderte Jahre an politischen Verhandlungen und schwierigen strategischen Initiativen von unserer Seite. Und während wir nun mit neuen Herausforderungen kämpfen, um die Regierung im Norden zu führen, müssen wir dieselben poliitschen Fähigkeiten und dasselbe strategische Denken zeigen.

Dieselbe Hartnäckigkeit, dieselbe Fähigkeit und dasselbe Geschick, das wir als Partei aufgebracht haben, um den Friedensprozess zu entwickeln, benötigen wir nun für unsere Arbeit in den Institutionen in Dublin, Belfast und Brüssel, sowie in jeder Stadt und in jedem Bezirk überall auf dieser Insel, um ein vereinigtes Irland aufzubauen.

Obwohl die Institutionen im Norden wieder funktionieren, gibt es da draussen noch viele, die den Änderungen in unserer Gesellschaft ablehnend gegenüber stehen. Diese Leute sind Teil der alten Garde. Sie sind immer noch da, im System, in den Behörden, in Teilen der Medien und als gewählte Vertreter. Wir sind gerade dabei, die Folgeschäden jahrzehntelanger Diskriminierung, Unterdrückung und Staatsterrorismus, von Armut und fehlenden Investitionen und des Konflikts auf unseren Strassen zu bewältigen. Unsere Aufgabe ist es, denen entgegenzutreten, die Änderungen ablehnen.

Deshalb finden wir Widerstand gegen progressive Vorschläge zur Änderung eines veralteten Erziehungssystems, zu neuem gesamtirischen Denken, zu neuen Wegen in der Landwirtschaft oder in der Regionalplanung. Wir werden uns davon aber nicht abhalten lassen. Wir haben uns in unserem Programm hierzu verpflichtet. Eine faire und gerechte Gesellschaft sollte niemand als Bedrohung empfinden.

Erfolg wäre nicht möglich gewesen ohne die Kampagnen von aussen

Aber es ist nicht einfach die individuelle Aufgabe des jeweiligen Sinn Féin Ministers oder unserer MLAs (Abgeordneten), diese Kämpfe zu führen. Alle Aktivisten müssen ihre Rolle darin spielen, das Projekt vorwärts zu treiben. Genauso wie wir vor 15 Jahren sagten, dass der Friedensprozess, der damals im Aufbau war, kein Zuschauersport für Republikaner sei.

Ich möchte es nochmals sehr deutlich machen, dass wir nie diesen Erfolg erzielt hätten, wenn nicht jeder/jede Einzelne von Euch seinen/ihren Teil dazu beigetragen hätte - seien es Kampagnen zum Thema Polizei oder zu den Gefangenen, zu den Strassen im Grenzgebiet, zur Gerechtigkeit für die Opfer, oder zu kulturellen und politischen Rechten. Erfolg wäre in diesen oder in anderen Bereichen während der Verhandlungen nicht möglich gewesen ohne die Kampagnen von aussen. Wir müssen nun dasselbe gemeinsame Vorgehen praktizieren, um die sozialen und ökonomischen Herausforderungen in den Griff zu bekommen, denen unsere Communities gegenüber stehen.

In den kommenden Wochen werden wir erneut einen politischen Kampf führen müssen, um den Transfer der Verantwortung für Polizei und Justiz weg von London in die Hände lokal gewählter Politiker zu erreichen. Für uns ist das mehr als einfach ein Punkt im Rahmen des St. Andrew Abkommens. Es ist eine notwenige Komponente des grösseren Kampfs um eine Umgestaltung der Polizeiarbeit in den sechs Grafschaften (d.h. Nordirlands). Diese Umgestaltung wird zum allerersten Male im Norden eine repräsentative und den Menschen verantwortliche Polizei schaffen.

Während der Verhandlungen, die zum ersten Treffen der Führung von Sinn Fein und DUP am 26. März 2007 führten, sagte einer der führenden Mitglieder der Delegation der DUP, seine Partei werde das St. Andrews Abkommen einhalten. Die Menschen fordern nun, dass sie genau dieses tun. Der Transfer der Verantwortung für Polizei und Justiz ist sowohl logisch als auch nötig. Er wird von der überwältigenden Mehrheit der Menschen aus allen Communities unterstützt. Die DUP sollte damit vernünftig umgehen. Die Zeiten, in denen Fristen einfach nicht eingehalten werden, müssen vorbei sein. Die zwei Regierungen (die irische und die britische) müssen ihre Verpflichtungen erfüllen. Sie müssen in den nächsten Monaten handeln und zwar entschieden handeln.

Von uns aus gesehen wollen wir mit der DUP zusammenarbeiten, um diesen Konflikt und andere wichtige und drängende Themen zu lösen. Repräsentatives und verantwortliches Regieren ist im Norden Irlands zum ersten Mal vorhanden. Diese Regierung muss deshalb Ergebnisse liefern, sie muss Ungleichheit, Spaltung, Benachteiligung und Armut für die Menschen beseitigen, unabhängig von ihrer Religion. Sie muss bessere und besser bezahlte Arbeit schaffen, ein besseres Gesundheitssystem und ein besseres Erziehungssystem.

Motor der Veränderung

Wir arbeiten Tag für Tag mit der DUP. Nicht weil wir müssen, sondern weil es richtig ist, dies zu tun. Nationale Versöhnung und Frieden ist ein Schlüsselelement in der Arbeit dieser Partei. Deshalb müssen wir weiterhin auf die (pro-britische) unionistische Community zugehen, die existierende Angst zerstreuen und demonstrieren, dass Unterschiede nicht zu Spaltung führen müssen. Wir alle sind auf dem Weg in eine bessere Zukunft in Irland. Wir müssen auch auf die wachsende Zahl neuer Communities zugehen, die nun ein bedeutender und willkommener Teil unserer Gesellschaft auf dieser Insel sind.

Diese und andere Themen werden weiterhin unsere Aufmerksamkeit und unsere politischen Kampagnen verlangen. Mit ihnen zeigen wir, dass unsere Politik radikal anderes ist. Anders als die müde und graue, Männer dominierte Politik des Establishments. Wir bleiben der Motor der Veränderung auf dieser Insel. Wir müssen unsere Stimme in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten noch lauter und klarer hörbar machen.

Jeder Schritt, den wir als politische Partei nach vorn machen, ist ein Schritt mehr in Richtung unseres zentralen und dringenden Ziels, einer vereinigten, freien und gleichen irischen Republik der 32 Grafschaften (Länder, 26 im Süden, 6 im Norden).


Übersetzung: Uschi Grandel, http://archiv.info-nordirland.de/, 4. März 2008 (Erläuterungen in Klammern)

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