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Die britische Armee in Nordirland:

Training für Irak und Afghanistan
Ballynahatty, 9. Mai 2007, nachts um 1.30: Britische Militärhubschrauber führen zwischen Häusern Zickzack-Manöver durch und kreisen ohne Licht im Tiefflug. Die Polizei erklärte, die britische Armee habe eine "Militärübung durchgeführt, die nichts mit militärischen Angelegenheiten in Nordirland zu tun hat".

Immer noch im Krieg?

Bestandteil des nordirischen Konfliktlösungs- prozesses ist die Verpflichtung der britischen Armee zur Demilitarisierung. Mit viel Medien- rummel hat das britische Militär inzwischen seine festungsähnlich ausgebauten Überwachungstürme in Nordirland demontiert. Es erzeugte damit den Eindruck, die britische Armee ziehe sich end- gültig aus Nordirland zurück.
"Operation Banner", wie die britische Armee ihren Krieg in Nordirland umschrieb, wird am 31. Juli 2007 offiziell beendet.

Erst vor kurzem wurde jedoch über Helikopterübungen der britischen Armee aus West Tyrone berichtet. Das Militär trainiert in unmittelbarer Nähe von Dörfern, direkt zwischen Häusern und Bauernhöfen, für die Kriege, die es ausserhalb Irlands im Irak und anderswo führt.

Militärisches Training ist nicht auf West Tyrone beschränkt. Sinn Féin meldete vor einigen Wochen ähnliche Krieg vorbereitende Übungen im Gebiet South Derry (s. Bericht weiter unten). In einer nur zynisch zu nennenden Ortswahl führt die britische Armee ihre Militärübungen in den irisch-republikanischen Hochburgen durch, deren Bewohner sie über Jahrzehnte hinweg pauschal als Terroristen behandelt hatte.

Bis zuletzt waren die Aktionen der britischen Armee dazu gedacht, die Bevölkerung zu demütigen. Als ein Beispiel sei hier die starke Militärpräsenz direkt vor dem Wahllokal in Dungannon im Juni 2004 genannt. Soldaten bedrängten die Sinn Féin Wahlhelfer und schikanierten Wähler (IRISH REPUBLICAN NEWS, 11.6.2004) .

Während der Troubles war das Militär auch in Morde an der Zivilbevölkerung verstrickt. Das Pat Finucane Centre stellte im November 2006 einen Bericht (Pat Finucane Centre, 6.11.2006, Download: 1,15 MB) vor, der mindestens 76 Morde allein einer pro-britischen Todesschwadron, der so genannten Glenanne Gang, in South Armagh, Tyrone und Fermanagh aufdeckt. Ein internationales, juristisches Expertenpanel beurteilte den Bericht als "glaubwürdig und signifikant". Der Bericht enthalte "zwingende Beweise", dass Offiziere der britischen Armee mit Wissen ihrer Vorgesetzten an diesen Morden beteiligt waren.

Ganz offensichtlich ist die britische Armee in diesen Regionen unerwünscht.

Barry McElduff, Sinn Féin Abgeordneter für West Tyrone, hat bereits Beschwerde beim irischen Taoiseach (Premierminister) und bei der nordirischen Regionalregierung eingereicht. Am 17. Mai 2007 greift er das Thema in seiner wöchentlichen An Phoblacht Kolumne "Letter to the Taoiseach" auf:

Versuchskaninchen oder was?

Hör mal, Taoiseach, hilfst du mir dabei, die britische Armee aus Irland und aus dem Irak hinaus zu werfen? Vor allem das Erstere ist unsere gemeinsame Aufgabe. Warum ich jetzt damit ankomme? Lass mich erklären.

Im Gebiet Ballynahatty, direkt ausserhalb von Omagh, sind am Mittwoch, den 9. Mai, britische Armeehubschrauber in den frühen Morgenstunden sehr nieder und sehr laut über Häuser und Bauernhöfe geflogen. Nun, mit frühen Morgenstunden meine ich 1.30 in der Nacht, kannst Du Dir das vorstellen?

Eines der Häuser gehört einem bekannten Rechtsanwalt aus Omagh. Er und seine Frau gingen nach draussen, um der Ursache des Lärms, der sie geweckt hatte, auf den Grund zu gehen. Sie konnten kaum glauben, was sie sahen und hörten. Britische Militärhubschrauber führten Zickzack-Manöver durch und kreisten im Tiefflug. Dann, Du glaubst es nicht, landeten sie auf der nächsten Wiese und liessen dabei für mehrere Minuten ihre Propeller weiterlaufen. Mitten in der Nacht. Sie gefährden dabei Menschen und ängstigen Menschen und Weidetiere in der Gegend.

Am nächsten Morgen, Taoiseach, kontaktierte der Anwalt die RUC (alter Name der Polizei, der symbolisch immer noch für eine undemokratische, menschenrechtsverachtende Polizeivergangenheit steht). Ich sollte hier "PSNI" sagen. Na ja, die PSNI erklärte ihm, die britische Armee habe eine "Militärübung durchgeführt, die nichts mit militärischen Angelegenheiten in Nordirland zu tun hat". Der Sprecher der PSNI erklärte ausserdem, dass die britische Armee nach dem britisch-irischen Abkommen von 2003, Anhang 1, dazu berechtigt sei, solche Manöver durchzuführen.

Habe ich das richtig verstanden? Hast Du ein Abkommen geschlossen, das den Briten erlaubt, die Landbevölkerung in Tyrone, Fermanagh und Armagh als Versuchskaninchen für armselige Nachtflugexperimente für den Irak zu benutzen? Versuchskaninchen oder was?

Ich habe eine offizielle Beschwerde bei Dir eingereicht und ich habe ausserdem an das Büro des First Minister und des Deputy First Minister (der nordirischen Regionalregierung) geschrieben. Ihr drei redet ja nun für Irland, wenn ich das richtig verstehe.

Die Zeitung Ulster Herald berichtet über Einzelheiten des Vorfalls:

Nachtmanöver der Armee versetzt Landbevölkerung in Angst und Schrecken

von ADRIAN MULLAN

Ulster Herald , 10. Mai 2007

Eine Familie aus Omagh wusste nicht, wie ihr geschah, als der donnernde Lärm mehrerer Hubschrauber über ihrem Haus in Ballynahatty sie mitten in der Nacht am Mittwoch aus dem Schlaf riss.

Der bekannte Anwalt Michael Fahy aus Omagh und seine Frau, die in der Ballynahatty Road Nr. 99 leben, gingen nach draussen, um der Ursache des Lärms, der sie um etwa 1.20 geweckt hatte, auf den Grund zu gehen.

Sie waren schockiert, als sie sahen, wie zwei Helikopter in sehr niedriger Höhe kreisten und eine Art Zick-Zack-Manöver durchführten. Einer der Helikopter landete auf einer Wiese neben dem Haus des Ehepaars und liess seine Propeller für einige Minuten weiter laufen, bevor er wieder abhob.

Dem UH sagte Herr Fahy, dass der Lärm so schrecklich war, dass er die Worte seiner Frau nicht hören konnte.

"Ich habe die Polizei am mittwoch morgen kontaktiert. Mir wurde erklärt, dass die britische Armee eine Militärübung für Trainingszwecke durchgeführt habe, die nichts mit militärischen Angelegenheiten in Nordirland zu tun hat", sagte Herr Fahy. "Ein Polizeiinspektor in Omagh erklärte, dass die britische Armee nach dem britisch-irischen Abkommen von 2003, Anhang 1, dazu berechtigt sei, solche Manöver durchzuführen.

"Ich äusserte meine Bedenken nicht nur wegen der Durchführung militärischer Übungen in Nordirland, sondern auch wegen der Nähe zu Häusern und wegen der Durchführung in einer Gegend, die von Landwirtschaft lebt und einen grossen Bestand an Weidetieren hat.

Mein Nachbar weiter unten hat den Lärm ebenfalls gehört und hat gesehen, wie zwei Helikopter praktisch zwischen unseren Häusern durch und wieder zurück geflogen sind.

Normalerweise kann man erkennen, ob es sich um gewöhnliche Hubschrauber handelt, aber diese flogen (ohne Licht und) sehr nieder. Das hat uns am Anfang erschreckt, zum einen wegen der Nähe zu den Häusern und zum anderen wegen der Dauer des Vorfalls, der etwa 9-10 Minuten andauerte.

Ein Sprecher der britischen Armee sagte, der Vorfall sei Teil eines "Routine-Trainingsflugs" und stünde nicht notwendigerweise in Zusammenhang mit Operationen der britischen Armee in Übersee. Als Grund für den Flug ohne Licht gab er an, Nachtflugübungen mit Nachtsichtgeräten seien für Piloten obligatorisch, um ihre Lizenz zu erneuern.

Der Sprecher sagte, es täte ihm leid, dass örtlichen Familien hierdurch Unannehmlichkeiten entstanden seien und betonte, der Vorfall stünde in keinem Zusammenhang mit der "Operation Banner", die Armeeunterstützung der Polizei (in Nordirland) beinhaltet. Diese Operation endet am 31. Juli. Trotz des Endes der Operation Banner seien Trainingsflüge auch weiterhin erlaubt und könnten in Catterick, Omagh oder sonstwo weitergeführt werden.

Herr Fahy erwägt eine offizielle Beschwerde.

Der Sinn Féin Abgeordnete (der Region) Barry McElduff bezeichnete es als "schändlich", dass die Anwohner in Ballynahatty so etwas zu erdulden hatten. Er wertete dies als "ein Zeichen, dass die britische Armee ihr Verhalten immer noch nicht den neuen Gegebenheiten in West Tyrone angepasst habe."

Herr McElduff wird dieses Thema mit dem First Minister und Deputy First Minister, dem (britischen) Nordirlandminister und dem (irischen) Taoiseach zur Sprache bringen.


Militärtrainings der britischen Armee mit Helikoptern sind nicht auf West Tyrone beschränkt:

Ärger über Helikopterflüge der britischen Armee

Pressemeldung der Sinn Féin Fraktion im Parlament, 1. Mai 2007

Der Sinn Féin Abgeordnete für Mid Ulster, Francis Molloy, bezeichnete diese Woche die anhaltenden Helikopterflüge der britischen Armee in South Derry als völlig inakzeptabel.
Herr Molloy nahm zu dem Thema Stellung, nachdem sich im Büro seiner Partei in Gulladuff in den letzten Wochen Beschwerden der Nachbarkreise Bellaghy, Greenlough und Lavey über tieffliegende Hubschrauber der britischen Armee häuften.

"Die Menschen in Bogashen und Ballymacpeake sind von den Militärübungen besonders betroffen. Die Übungen finden in den späten Abendstunden und nachts über den Mooren statt. Die Aktivitäten scheinen eine Fortsetzung der Praktiken zu sein, die die Menschen in Glenullen vor einiger Zeit erdulden mussten. Mein Parteikollege, der Landrat Billy Leonard, hat dazu bereits Stellung bezogen. Anstatt das Demilitarisierungsprogramm wie im Karfreitagsabkommen festgelegt zügig umzusetzen, scheint sich die britische Armee immer noch im Krieg mit den Menschen in South Derry zu befinden."

Übersicht über die im Text referenzierten Quellen:
1. IRISH REPUBLICAN NEWS, 11.6.2004, Nationalists harassed at polls, http://republican-news.org/
2. Pat Finucane Centre, 6.11.2006, Report of the Ind. International Panel on Alleged Collusion in Sectarian Killings In Northern Ireland, http://www.serve.com/pfc/sarmagh/collusion.pdf (1,15 MB)
3. Ulster Herald, 10.5.2007, Army night manoeuvres terrify family, http://www.ulsterherald.com/
4. An Phoblacht, 17.5.2007, Letter to the Taoiseacht, http://www.anphoblacht.com/
5. Sinn Féin Assembly Team , 1.5.2007, Anger at British Army helicopter activity, http://www.sinnfeinassembly.com/en/press-centre/entry/436


Einführung und Übersetzung: Uschi Grandel, http://archiv.info-nordirland.de/, 3. Juni 2007 (Erläuterungen in Klammern)
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