Neues Deutschland vom 30.01.2007
Sinn Féin sagt Ja zur Polizei
Parteitag unterstützt Friedensprozess
Von Aljoscha Kertesz
Eine Mehrheit der Delegierten hat am Wochenende auf einem Sonderparteitag
von Sinn Féin in Dublin für die Unterstützung des Police Service of Northern
Ireland gestimmt und so dem nordirischen Friedensprozess neuen Atem
eingehaucht.
Eine überwältigende Mehrheit der 2500 Sinn-Féin-Parteitagsdelegierten
stimmte am Sonntag für die Anerkennung der Sicherheitsorgane in Nordirland.
Damit vollzog die größte Partei der irischnationalen Bevölkerung einen
Kurswechsel. Seit der Teilung Irlands im Jahr 1922 hatte Sinn Féin gegen die
nordirische Polizei und das Justizsystem gekämpft. Die Republikaner sahen in
beiden Institutionen Instrumente der britischen Vorherrschaft in den sechs
nordirischen Grafschaften. Auf dem Sonderparteitag in Dublin folgten die
Delegierten nun der Parteispitze um Gerry Adams und Martin McGuiness. In
eindringlichen Reden beschworen diese die Einheit der irischen Republikaner
und versuchten Zweifler umzustimmen. Aus ihrer Sicht war der Zeitpunkt reif
für die Anerkennung der Polizei. Weitreichende Reformen seien in
Verhandlungen mit der britischen Regierung erzielt worden, so dass einer
Zusammenarbeit nichts mehr im Wege stehe.
Mit Erleichterung nahm die Parteispitze das eindeutige Ergebnis auf. Gerry
Adams sprach von einem »historischen Moment«, von einer der »wichtigsten
Entscheidungen der letzten Jahre«. Der irische Premierminister Bertie Ahern
nannte das Votum einen »Meilenstein, der den Weg zu einem gemeinsamen
Parlament ebnet«. Der britische Nordirlandminister Peter Hain würdigte, dass
damit ein »Hindernis im Friedensprozess« beseitigt worden sei. Die
Democratic Unionist Party, die größte pro-britische Partei, hatte die
Anerkennung der Sicherheitsorgane durch Sinn Féin zur Grundbedingung einer
politischen Kooperation mit dem Erzfeind gemacht. Sollte sich die DUP in den
kommenden Tagen zur Zusammenarbeit mit Sinn Féin bereiterklären, könnten am
7. März Wahlen zum nordirischen Parlament folgen.