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Sinn Féin News, January 12, 2007

Die kreative Mehrdeutigkeit der DUP besitzt nur eine endliche Lebensdauer

Von Jim Gibney

Zum ersten Mal in seiner 50-jährigen politischen Laufbahn sieht sich Ian Paisley Senior mit einer Realität konfrontiert, von der er vermutlich bisher dachte, sie würde nie eintreten. Zum ersten Mal in ihrer 36-jährigen Geschichte wird die DUP mit derselben Realität konfrontiert.

Sie müssen sich entscheiden, ob sie die Macht mit (irischen) Republikanern und Nationalisten in einer Administration teilen, die fest in einem gesamtirischen Rahmen verankert ist.

Während der letzten Monate, vor allem seit der Konferenz von St. Andrews (im Herbst 2006) ist das Äusserste, wozu sich Ian Paisley Senior bewegen lies, seine Worte so zu wählen, dass sie auf die Möglichkeit hindeuten, er könne bereit zur Teilung der Macht sein.

Bis zum letzten Montag, als er den britischen Premierminister Tony Blair beschuldigte, seine Aussagen "falsch zu interpretieren", erlaubte er anderen, darunter der Sprecherin des Regionalparlaments Eileen Bell und auch Tony Blair, seine Intentionen auf möglichst positive Art und weise zu interpretieren.

Man könnte meinen, dies sei die Version der DUP für die "kreative Mehrdeutigkeit", eine Bezeichnung für Aussagen, mit denen während des Friedensprozesses das ein um das andere Mal Hindernisse der ein oder anderen Form aus dem Weg geräumt wurden. Die DUP hatte dies immer angeprangert. Wie auch immer, eine solche "kreative Mehrdeutigkeit" besitzt nur eine endliche Lebensdauer. Sie ist nur glaubwürdig, wenn ihr die Intention zugrunde liegt, die Situation weiterzubringen und denen, die an einem bestimmten Punkt Schwierigkeiten haben, die Möglichkeit zu geben, in der Zeit danach aufzuholen.

Es ist offensichtlich, seit St. Andrews in verstärktem Maße, dass das, was die DUP ängstigt, genau die Idee der Teilung der Macht ist, so wie sie im Karfreitagsabkommen definiert wurde. Es ist die Schlussfolgerung, dass dies Unterstützung des Abkommens impliziert. Dies treibt die DUP an den Rand der Verzweiflung.

Das Thema Polizei ist nur ein Vorwand, eine Entschuldigung, eine von vielen, die die DUP bisher benutzt hat, um zu versuchen, den politischen Fortschritt aufzuhalten. Sollte der Sinn Féin Sonderparteitag die neuen Verhandlungsergebnisse zur Polizei azeptieren, werden die Gegner des Abkommens innerhalb der DUP einen anderen Vorwand finden, um die Entwicklung zu verzögern.

Es ist nicht das erste Mal seit dem Waffenstillstand der IRA im Jahre 1994, dass die Partei, die die unionistische Bevölkerung führt, im Aufruhr ist. Die Rebellion von Nigel Dodds ist nicht ohne Vorgänger der letzten Dekade. Es ist eine versteckte Kopie der zahllosen Putschversuche, die sein jetziger Parteikollege Jeffrey Donaldson unternahm, als er noch ein führendes Mitglied der Ulster Unionist Party war. Das derzeitige Dilemma, in dem sich die jetzige Spielart des Unionismus befindet, ist nicht neu. David Trimble war mit demselben Dilemma konfrontiert.

Seine Ursachen erstrecken sich über 400 Jahre zurück zur protestantischen Besiedlung Irlands. Die Jahrhunderte seither waren von einem Machtkampf dominiert zwischen der Minderheit der protestantischen und unionistischen Bevölkerung, die Irland für die britische Krone besetzt hielt und der Mehrheit der Nationalisten und Katholiken, die irische Unabhängigkeit erreichen wollten.

Natürlich gab es viele Protestanten, die Nationalisten oder Republikaner waren. Der irische Republikanismus verdankt seine Entstehung Menschen von protestantischer Herkunft. Über die Jahrhunderte war es die Machtelite innerhalb des Protestantismus und Unionismus, die erleben musste, wie ihr die Macht langsam von kämpfenden Nationalisten entwunden wurde. Bis zu dem Punkt, an dem sich die DUP heute als letzter Hort des Unionismus sieht.

Die unionistische Bevölkerung hat in Paisley in der Hoffnung investiert, er würde besser verhandeln als Trimble, um die nationalistischen Erwartungen einzudämmen, die sich in der Unterstützung von Sinn Féin ausdrücken. Sie haben gehofft, dass unter Ian Paisleys Führung das Selbstvertrauen der nationalistischen Viertel unterminiert und gedämpft würde. Es schien ihm und der Führungsspitze seiner Partei nichts auszumachen, dass die Botschaft "wir ergeben uns nicht" und "keine Teilung der Macht" den Ergebnissen, Anforderungen, Bedingungen und Notwendigkeiten des Friedensprozesses und der Verhandlungen völlig widersprach.

Ian Paisley und die DUP befinden sich dort, wo David Trimble und seine Partei vor dem Karfreitagsabkommen waren. Trimbles Fehler war, dass er die Dynamik und die Bedeutung des Friedensprozesses nicht verstand. Politische Unsicherheit vernebelte seine Vision. Er verpasste die Chance, die der Friedensprozess für Nationalisten und Unionisten bot. Zu guter Letzt suchte er Zuflucht in den politischen Fehlern der Vergangenheit, der Politik der Ausgrenzung.

Wird Ian Paisley denselben Fehler machen wie Trimble? Oder kann er die Unionisten ins 21. Jahrhundert und in die angebotene neue Dispension führen? Kann die DUP ihre Nein-Sager abschütteln und den Unionisten die Führung geben, die sie brauchen und verdienen? Wir werden es bald genug wissen.


Übersetzung: Uschi Grandel, http://archiv.info-nordirland.de/ 15. Januar 2007, Anmerkungen der Übersetzerin in Klammern

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