Irish Republican News, 10. November 2006
Regierungen setzen den in St. Andrews begonnenen Prozess fort
Irische Republikaner und Nationalisten mussten über 80 Jahre die schlimmste Art von staatlicher Polizei
erdulden. Wir sind entschiedene Gegner eines paramilitärischen Polizeiapparats, der konterrevolutionär geführt,
durchsetzt von Collusion, (der Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit Todesschwadronen), mit einer
religiös-rassistischen Grundhaltung, den Status Quo und die Interessen einer Gruppe der Bevölkerung
dadurch verteidigt, dass er die andere unterdrückt. Und wir entschuldigen uns nicht für unsere
Gegnerschaft.
Sinn Féin Präsident Gerry Adams in einer Rede vor amerikanischen Unterstützern in New York
Die Regierungen in Dublin und London erklärten heute, dass sie in einem nächsten Schritt
die zur Umsetzung der St. Andrew-Vorschläge nötigen Gesetzesentwürfe vorlegen werden, um die
Allparteienregierung in Nordirland wiederzubeleben.
In einer gemeinsamen Stellungnahme zu den Antworten der Parteien auf die Vorschläge,
sagten Peter Hain, der britische Direktverwalter Nordirlands und Dermot Ahern,
der Dubliner Aussenminister :
"Nach Beendigung unserer Gespräche in St. Andrews baten wir die Parteien, unsere Vorschläge zu
überdenken, mit ihren Mitgliedern den vorgeschlagenen Weg zu diskutieren und
ihre Zustimmung bis zum 10. November zu geben.
Die Konsultationen sind nun abgeschlossen und die Regierungen hatten Kontakt mit den Parteien.
Die Haltung der Parteien gibt uns die Zuversicht, dass das Abkommen von St. Andrew als Grundlage für
eine politische Lösung dienen kann, wenn es entsprechend umgesetzt wird.
Das Abkommen ruht auf zwei Pfeilern, der Unterstützung für eine gemeinsame Allparteienregierung und die
politischen Institutionen (die im Karfreitagsabkommen festgelegt wurden) und Unterstützung von Polizei und
Gesetz. Die Umsetzung dieser Ziele ist die Priorität der beiden Regierungen und eines jeden Menschen in
Nordirland.
Wir werden nun in einem nächsten Schritt die vollständige Umsetzung der St. Andrew-Vorschläge
angehen. Die britische Regierung wird die hierfür nötigen Gesetzesentwürfe vorlegen.
Es ist noch viel zu tun und die Verantwortung liegt bei allen, sich zu beteiligen.
Wir werden aktiv mit den Parteien arbeiten, um das Abkommen umzusetzen und den Weg für eine neue Ära
für die Menschen in Nodirland freizumachen."
Letzte Nacht veröffentlichte die DUP eine Erklärung, die den St. Andrews Prozess nicht explizit unterstützt.
Nach einem Treffen in Castlereagh am Rande Belfasts, wurde eine Erklärung angenommen, die das Abkommen
weder unterstützt noch ablehnt. Einige Tage zuvor hatte Sinn Féin bekanntgegeben, dass die Partei
die St. Andrews Vorschläge unterstütze, die von den beiden Regierungen nach intensiven Verhandlungen
in Schottland im Oktober vorgelegt worden waren.
Trotzdem warnte die DUP gestern Abend, dass es "ungünstige Implikationen" für den Zeitplan gebe,
falls Sinn Féin nicht schnellstmöglich die PSNI Polizei und die [britischen] Gesetze unterstütze.
In den Vorschlägen von St. Andrews findet sich keine Zeitvorgabe für die Unterstützung der Polizei
durch Sinn Féin oder den Transfer der Macht über Polizei und Justiz von London nach Belfast, zwei zentrale
Schlüsselfragen, die noch gelöst werden müssen.
Die DUP erklärte:
"Da Sinn Féin nicht bereit ist, den endgültigen Schritt nach vorn zur Unterstützung der
Polizei zu tun, ist auch die DUP nicht verpflichtet, sich im Voraus zu irgendeinem Aspekt einer gemeinsamen
Regierung zu verpflichten ..."
Diese Haltung gefährdet den Zeitplan der Regierungen, der die gemeinsame Vereidigung des DUP
Vorsitzenden Ian Paisley als Regierungschef und Martin McGuinness von Sinn Féin als stellvertretender
Regierungschef für den 24. November vorsieht.
Dieser Zeitpunkt wurde bisher als "absolute und unverrückbare" Deadline beschrieben, nach der ein Plan B
zum Zuge kommt. Man geht davon aus, dass Plan B Schritte zu einer gemeinsamen Regierungsverantwortung
der beiden Regierungen in den Six Counties (Nordirland) umsetzt.
Gestern abend bestätigte (der Sinn Féin Präsident) Gerry Adams in einer Rede vor amerikanischen
Unterstützern in New York, dass Einiges im Umfeld des Themas Polizei noch gelöst werden müsse,
bevor er einen Sonderparteitag [Ard Fheis] zur Frage 'Unterstützung der Polizei' einberufen würde:
"Irische Republikaner und Nationalisten mussten über 80 Jahre die schlimmste Art von staatlicher Polizei
erdulden. Wir sind entschiedene Gegner eines paramilitärischen Polizeiapparats, der konterrevolutionär geführt,
durchsetzt von Collusion, (der Zusammenarbeit staatlicher Stellen mit Todesschwadronen), mit einer
religiös-rassistischen Grundhaltung, den Status Quo und die Interessen einer Gruppe der Bevölkerung
dadurch verteidigt, dass er die andere unterdrückt. Und wir entschuldigen uns nicht für unsere
Gegnerschaft.
Das Karfreitagsabkommen sollte all das ändern, was falsch in dieser nördlichen Ecke (Irlands) war:
die Diskriminierung von Katholiken beenden, tiefsitzende Menschenrechts- und Gleichheitsfragen lösen,
constitutionelle und institutionelle Themen beandeln und natürlich einen Neubeginn für Polizei und Justiz
schaffen.
Das Karfreitagsabkommen stellte fest, dass unsere Gesellschaft einen Neuanfang in der Polizeiarbeit
benötigt und definierte Kriterien für eine Zivilpolizei. Das ist die Position, die Sinn Féin unterstützt. ...
Sinn Féin's Fokus ist die Abschaffung des paramilitärischen und religiös-rassistischen Polizeiapparats. Wir sind
entschlossen sicherzustellen, dass alle Elemente eines Polizeiapparats (der nordirischen Regionalregierung)
verantwortlich sind. ...
"Ich habe klar gemacht, dass ich im Sinn Féin ardchomhairle (Führungsgremium) einen speziellen
ardfheis (Sonderparteitag) beantragen werde, sobald die britische Regierung und die DUP die offenen
Fragen zum Thema Polizei mit uns zufriedenstellend abgeschlossen haben,"
sagte er.
Übersetzung: Uschi Grandel, http://archiv.info-nordirland.de/ 12. November 2006,
Anmerkungen der Übersetzerin in Klammern