Irish Republican News, 18. Juni 2005
Oraniermarschwahnsinn
Nach einem hochkontroversen Marsch eines der protestantischen (und aggressiv
anti-katholischen) Oranierorden wurden letzte Nacht irische Nationalisten und
Bewohner von Nordbelfast von pro-britischen Loyalisten und der Polizei angegriffen.
Massen von Polizeilandrovern flankierten die Strasse und Hunderte von Polizisten
der Abteilung Aufstandsbekämpfung fielen über das Stadtviertel her, um den notorischen
Marsch "Tour des Nordens" durchzusetzen.
Die (nordirische Polizei) PSNI hatte von der Paradenkommission die Befugnis erhalten,
eine Route für die loyalistischen Unterstützer der umstrittenen Parade festzulegen.
(Dies allein ist schon erstaunlich, hatte doch die Polizei im Vorjahr sich über ein Verbot
der Paradenkommission schlichtweg hinweggesetzt, die loyalistischen Krawallmachern verboten
hatte, der Parade zu folgen).
Und so mussten die Anwohner schockiert zusehen, wie Loyalisten, unter ihnen bekannte
Paramilitärs, an ungeschützten Häusern irischer Nationalisten in Ardoyne vorbeimarschieren
durften.
Marschierer und auch Ordner attackierten die katholischen Anwohner. Einer Frau, die vor ihrem
Haus stand, wurde in einem Angriff von Loyalisten der Arm gebrochen, andere wurden in ihren
Häusern attackiert.
Eine weitere Familie wurde öffentlich von einem führenden Mitglied des Oranierordens
bedroht (ohne dass die Polizei einschritt)
Die PSNI richtete ihre Schlagstöcke gegen die Anwohner des irisch-nationalistischen Viertels,
die versuchten, ihr Viertel zu verteidigen. Versuche lokaler Politiker, die ausbrechende
Gewalt zu unterbinden, waren vergebens. Gegen den sich entwickelnden Aufruhr setzte die
Polizei Wasserwerfer ein.
Der für die Holy Cross Gemeinde zuständige Pfarrer Aidan Troy sagte, er sei der festen
Überzeugung, dass es keine weitere Parade in Ardoyne geben dürfe, bevor die beiden
Communities eine Einigung erzielt haben
"Ich bin zutiefst traurig darüber, dass wieder einmal dieses Viertel zurück in Gewalt
getrieben wurde," sagte er.
"Diese Szenen nützen keinem und ich bin der ehrlichen Meinung, dass es keinen weiteren
Marsch wie diesen hier auf der Crumlin Road geben darf, bevor nicht beide Seiten eine Art
Abkommen schliessen
"Ich war Augenzeuge zuerst von Handgemengen zwischen Loyalisten und Anwohnern und danach
von Polizei und Anwohnern."
"Es ist völlig inakzeptabel, dass diese Gemeinde jeden Sommer in diese Situation
hineingezogen wird."
Der Sinn Fein Abgeordnete Gerry Kelly sagte, die Entscheidung der Paradenkommission,
die loyalistischen Orden und ihre Unterstützer an Ardoyne vorbeimarschieren zu lassen,
sei "verrückt" und ein "Rezept für Disaster".
"Ich habe gesehen, wie irisch-nationalistische Anwohner zuerst von den loyalistischen Ordnern
und dann von der PSNI verprügelt wurden," sagte er.
"Die PSNI versuchte dann, irische Nationalisten zu verhaften, nachdem sie von Loyalisten
angegriffen worden waren."
"Ich habe die Paradenkommission gewarnt, dass es Wahnsinn sei, zwei Märsche auf der
Crumlin Road zu genehmigen, aber sie haben mir nicht zugehört."
"Als dann die Loyalisten die Strasse hochmarschierten, kam es zu einer Konfrontation, weil
die PSNI sich weigerte, die Loyalisten zurückzuhalten. Dieses Viertel ist sehr wütend und
fühlt sich zum wiederholten Male missbraucht."
* Die 'Red Hand Defenders', ein Name, hinter dem sich die (paramilitärische Terrorgruppe)
UDA verbirgt, drohte letzte Nacht, dass sie Mitglieder der Ardoyner Anwohnerinitiative als
legitime Ziele (für einen Mordanschlag) betrachte. (Die UDA hatte im Vorfeld der Märsche durch
aktiven Terror gegen Anwohner und ihre Häuse in Ardoyne die Stimmung aufgeheizt.
Die Oranierorden distanzieren sich nicht von den gewalttätigen Aktionen der sie unterstützenden
Loyalisten, die ihrerseits vielfach ebenfalls Mitglieder der Orden sind.)
Übersetzung: Uschi Grandel, http://archiv.info-nordirland.de/, 19. Juni 2005
(Erläuterungen in Klammern)