Irish News, 15. Dezember 2004


Analyse:

Unmöglich, die Bedingungen zu erfüllen ... Gehen wir weiter!


Von Brian Feeney (für die Irish News)

In der Praxis war Decommissioning (Waffenvernichtung) immer eine unsinnige Forderung. Die Argumente sind bekannt. Waffenvernichtung hindert eine Organisation nicht daran, sich neue und modernere Waffen zuzulegen, wie das Beispiel der Real IRA (einer Mini-Abspaltung der IRA, die den Friedensprozess ablehnt) zeigt. Ganz nebenbei, in den letzten Jahren der IRA Kampagne (vor dem Waffenstillstand 1994) verursachten handgemachte, improvisierte Waffen, die in Schuppen und Garagen hergestellt wurden, mehr Schaden als militärische Fabrikware.

In einem Artikel für die Irish Times weisst der ehemalige Offizier der Irischen Armee, Tom Clonan, darauf hin, dass es eine komplette Waffenvernichtung nie geben könne, da die IRA gar nicht alle Lagerorte ihrer Waffen und Explosivstoffe kennt. Das resultiert aus den Umständen, unter denen sie versteckt wurden. Das ist aber nichts neues: rostige alte Revolver, Bomben aus dem Unabhängigkeitskrieg und dem Bürgerkrieg (Anfang des 20. Jahrhunderts) kommen immer wieder zum Vorschein. Clonan sagt voraus, dass die Armee in den nächsten Jahren immer wieder kleine Lager mit Semtex, AK-47 (Maschinengewehre) und diversen Sprengstoffgrundstoffen vernichten werden wird, die aus Gestrüpp und Gruben auftauchen.

Ausserdem wissen wir, dass einige Verstecke von Individuen geplündert wurden, die zur Real IRA wechselten und diese Verstecke kannten.

Auch Beweisfotos sind unsinnig.

Es ist ein leichtes, Fotos zu fälschen, vor allem Digitalfotos. Warum sollte die DUP jemandem glauben, der Fotos zeigt, die irgendwer irgendwo aufgenommen hat, wenn sie dieser selben Person nicht glaubt, dass sie Zeuge einer Waffenvernichtung war? Tom Conan kommt zu dem Schluss, dass die Forderung der DUP eine politische Scheinforderung sei. Natürlich hat er recht. Jeder, der nur über ein Fünkchen Verstand verfügt, kennt den echten Grund, der sich hinter der Forderung nach Entwaffnung verbirgt.

Michael Oatley, der Offizier des (britischen Geheimdienstes) MI6, der jahrelang als Kontaktperson der britischen Regierung zur IRA agierte, äusserte sich sehr konkret zu den Forderungen der (pro-britischen) Unionisten nach Waffenabgabe (der IRA). Diese Forderung, so sagte er bereits 1999, ist vorgeschoben, um den Friedensprozess aufzuhalten. Und das klappte die letzten 10 Jahre ganz gut. Die Strategie war hauptsächlich deshalb erfolgreich, weil sowohl die britsche als auch die irische Regierung jede kleinste Forderung der Unionisten vorbehaltslos unterstützt haben.

Warum aber unterstützten die Regierungen Forderungen, von denen sie wissen, dass sie politisch motiviert und unrealistisch sind?

Unrealistisch sind die Forderungen aus den bereits erwähnten praktischen Erwägungen, aber auch aus einem anderen Grund: es gibt keine Möglichkeit festzustellen, ob die IRA alle ihre Waffen vernichtet hat. Selbst wenn die IRA Beweisfotos erlauben würde, was sie nicht tut, stünden wir schlussendlich vor der absurden Situation, dass die DUP der IRA glauben müsste, wenn diese sagt, sie hätte alle Waffen vernichtet.

Die DUP müsste die Frage "Woher wisst ihr, dass die IRA alle Waffen vernichtet hat?" mit der einfältigen Antwort "Weil die IRA es uns gesagt hat!" beantworten. Oder?

Die Regierungen unterstützen diese Pantomime, weil sie der Selbsttäuschung unterliegen, dass die Unionisten letztendlich keine andere Wahl haben, als sich verständig und rational wie normale Politiker zu zeigen, wenn die Regierungen nur allen Forderungen nachgeben, egal wie dumm, kleinkrämerisch oder provokativ diese auch sein mögen. Falsch! Niemals in der bekannten Geschichte haben Unionisten sich rational verhalten.

Im Gegenteil, alle historische Erfahrung zeigt sie als chronisch irrational und unverständig.

Was resultiert nun daraus, dass die Regierungen als Erfüllungsgehilfen für Forderungen agierten, von denen die Unionisten dachten, dass die irischen Republikaner sie nie und nimmer erfüllen würden? Nun, das Resultat ist, dass die Republikaner Stück für Stück enorme Zugeständnisse (in anderen Bereichen der Umsetzung des Karfreitagsabkommens) durchsetzen konnten als Ausgleich für die Zustimmung zu den unionistischen Forderungen.

Hätten die Republikaner nicht das Entwaffnungsthema, das ihnen die Unionisten gaben, hätten sie wohl die Entlassung der Männer durchgesetzt, die den Polizisten McCabe getötet haben? Hätten sie so einfach Rederecht im (südirischen Parlament) Dail und Mitgliedschaft im (südirischen Senat) Seanad durchgesetzt?

Republikaner haben ein eigenes Interesse, sich der Waffen zu entledigen und die IRA als nicht länger aktiv zu deklarieren, weil sie wissen, dass sie sonst ihren Wahlerfolg im Süden gefährden. Was ist nun aber die Lösung? Ganz einfach.

Die Vorschläge, die Ahern und Blair letzte Woche veröffentlicht haben, sind ein Packet, das alle republikanischen Forderungen addressiert. Die IRA hat ihre Bereitschaft erklärt, ihre Waffen bis Weihnachten in einer Folge grosser Vernichtungsaktionen zu zerstören. Die Waffenverstecke sind nur einigen IRA Leuten, dem irischen Geheimdienst und dem britischen MI5 bekannt.

Die IRA sollte "den Fuchs der DUP erlegen".

Ruft (den Vorsitzenden der Entwaffnungskommission) de Chastelain an, vernichtet die Waffen wie geplant und er wird an die Regierungen und die DUP berichten, dass alles erledigt ist. Alles weg. Entschuldigung, Leute, nichts mehr zu fotographieren. Die IRA hat bereits drei grosse Waffenvernichtungsaktionen durchgeführt. Des Rests müssen sie sich wegen der Politik im Süden Irlands sowieso entledigen. Sinn Fein hat die politischen Aspekte des Vorschlags von letzter Woche akzeptiert. Durch eine Verzögerung der Waffenvernichtung lässt sich nichts weiter gewinnen.

Was kann die DUP tun?

Letztendlich muss sie sowieso der IRA glauben. Warum sollte man die DUP nicht lieber früher als später alt aussehen lassen?


Übersetzung: Uschi Grandel, 19.12.2004, Text in Klammern dient der Erläuterung, http://archiv.info-nordirland.de/