North Belfast News , 20 Februar 2004

Unser Kommentar:

Ardoyne fasst wieder Mut

Nach einer der schlimmsten Phasen der jüngsten Vergangenheit fasst Ardoyne langsam aber sicher wieder Zuversicht und macht sich daran, sich einer der grössten Herausforderungen zu stellen.

Die Moral des Viertels war letztes Wochenende am Boden, als der junge Barney Cairns sich nur Stunden nach der Beerdigung seines engen Freundes Cheeta O’Neill selbst das Leben nahm.

Die Wut, der Ärger und die Spannung im Viertel war am letzten Wochenende spürbar.

Selbst ein Gottesdienst, der letzten Sonntag einberufen wurde, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Sympathie für die Selbstmordopfer zu zeigen, geriet zeitweise aus den Fugen, als die Wut über die INLA und die Drogendealer in Ardoyne fast überkochte.

Die Vernunft setzte sich schliesslich durch dank der gemeinsamen Anstrengungen von Pfarrer Troy, Gemeindearbeitern und lokalen Sinn Féin Politikern. Sie schafften es gemeinsam, die Wut in positive Bahnen zu lenken, die auf längere Sicht den Menschen in Ardoyne nützen, anstatt nur dem Ärger Luft zu machen.

Am darauffolgenden Montag wurde ein öffentliches Treffen von Repräsentanten des Viertels, offiziellen Stellen und den jungen Leuten des Viertels abgehalten. Das war ein erster Schritt, gegen das Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung anzukämpfen, das das Viertel befallen hatte.

Die Menschen in Ardoyne hörten den Jugendlichen zu, redeten mit ihnen und liessen die offiziellen Stellen nicht im Unklaren darüber, dass sie Unterstützung vor Ort benötigen.

Die Community hat ihre eigenen Ressourcen an Wissen, KnowHow und Energie mobilisiert, viel Zeit investiert, um die schwindende Moral des Stadtviertels wiederzubeleben und die drängenden und unmittelbaren Probleme, die mit Selbstmord und Selbstzerstörung zu tun haben, anzugehen. Ardoyne hat mit ersten lokalen Lösungen begonnen: Einrichtungen werden durch Freiwillige rund um die Uhr offengehalten, damit Ansprechpartner für die Jugendlichen zu jeder Zeit zur Verfügung stehen.

Die Bewohner von Ardoyne agieren mit Generosität, mit Ideen und mit tiefer Sorge um die jungen Leute, die an den Rändern der Gemeinschaft leben. Ardoyne zeigt seine Entschlossenheit, dem lautlosen Mörder entgegenzutreten.

Die Bewohner von Ardoyne haben sich auch nicht von den Medien verwirren lassen, die sich mit ihrer Berichterstattung über das, was in Ardoyne und in ganz Nordbelfast passiert, nicht mit Ruhm bekleckert haben.

Fernsehen und Tageszeitungen haben den Ernst der Lage dadurch verschleiert, dass sie sich in ihrer Berichterstattung einzig und allein auf die Rolle der INLA im Umgang mit auffälligen Jugendlichen im Viertel, darunter auch die beiden Selbstmordopfer, beschränkten

Unsere Zeitung und die Mehrheit der Menschen in Nordbelfast lehnt jede Form paramilitärischer Bestrafungsaktionen zutiefst ab. Aber wir wissen, dass die Ursachen für die Selbstmorde sehr viel tiefer liegen und dass der Fokus auf die INLA die Aufmerksamkeit von den eigentlichen Ursachen ablenkt.

Ursachen der derzeitigen Selbstmorde sind in der institutionalisierten Entbehrung, der Armut, der Vernachlässigung über Generationen hinweg zu suchen. Sie sind in den Kosten des Konflikts für ein Viertel zu suchen, das mehr als viele andere leiden musste und das selbst letzte Nacht von religiös-rassistisch motivierten Überfällen nicht verschont blieb (die pro-britische, unionistische paramilitärische Organisation UDA demolierte sieben Häuser nahe Ardoyne in einer ihrer nächtlichen anti-katholischen Hassfeldzüge).

Die offiziell zuständigen aus dem Bereich Gesundheit und Erziehung versprachen diese Woche, partnerschaftlich mit der Ardoyner Community zu arbeiten, die mit diesen Problemen konfrontiert ist.

Sie haben jedoch zugegeben, dass die Mittel hierfür nicht ausreichen. Politiker müssen mehr Mittel für die Gesundheitsorganisationen bereitstellen, damit sie schneller auf solche Krisen reagieren können.

Unterdessen sprechen wir all denen, die ohne zu zögern die Arbeit aufgenommen haben, angefangen von den women’s groups, dem örtlichen Gesundheitszentrum, der katholischen Kirche, den youth providers und dem Ardoyne Fleadh Committee, unseren Dank aus, dass sie sich der Aufgabe stellen, den grössten Schatz zu beschützen, den wir haben, das Leben unserer Jugend.