Irish Republican News and Information, 29-30 Oktober 2002, http://irlnet.com/rmlist/ 

Es gibt kein akzeptierbares Niveau loyalistischer Gewalt - Adams

Loyalistische Gangs haben den ganzen Dienstag über Häuser im irisch-nationalistischen Viertel Short Strand attackiert.

Den ganzen Tag über waren die Häuser des Viertels einem konstanten Hagel an Geschossen ausgesetzt. Mit einsetzender Dunkelheit nahm die Gewalt zu und mindestens zwei Rohrbomben wurden in die irisch-nationalistische Enklave geschleudert.

Der lokale Stadtrat für Short Strand, Joe O'Donnell, zeigt eines der Geschoss, die am Dienstag in das Viertel geschleudert wurden: einen grossen Feuerwerkskörper, der an einer Flasche mit hochbrennbarem Zelluloseverdünner befestigt war.

O'Donnell berichtete, dass im Laufe des Dienstag Loyalisten Häuser im Bereich Clandeboye mit Steinen, Metallstücken und Kugellagern bombardierten. Als die Dämmerung einbrach fingen die Loyalisten an, Feuerwerkskörper zu werfen.

"Als die Dämmerung einbrach, warfen die Loyalisten Flaschen, die mit hochbrennbarer Flüssigkeit, Petrolium und Zelluloseverdünner, gefüllt waren. Dann warfen sie gezündete Benzinbomben und Feuerwerkskörper hinterher, um die Häuser in Brand zu stecken, die mit der brennbaren Flüssigkeit durchtränkt waren." Feuerwerkskörper zu werfen.

"In dieser Zeit wurden auch die Rohrbomben geworfen," beendet O'Donnell seinen Bericht. "Es ist ein Glück, dass niemand verletzt wurde."

ADAMS KONFRONTIERT BRITISCHE REGIERUNG MIT DIESEM VORFALL

Sinn Fein Präsident Gerry Adams und Parteisprecher Mitchel McLaughlin, die das Viertel am Mittwoch besuchten, forderten die britische Regierung auf, die Sicherheit der Short Strand Bewohner zu gewährleisten.

Offene Gewalt an den Belfaster Unruhezentren darf nicht als "akzeptierbares Niveau an Gewalt" behandelt werden, sagte Adams.

Adams diskutierte das Thema am Donnerstag vormittag während seines ersten offiziellen Treffens mit dem neuen britischen Nordirlandminister Paul Murphy.

Der Westbelfaster Abgeordnete, der Short Strand Anwohner traf und die Schäden an ihren Häusern besichtigte, sagte, viele "lebten am Rande der Verzweiflung".

"Die Angriffe erfolgen tagaus, tagein, zu jeder Zeit, morgens um 7.00. Mittags, Nachmittags oder um Mitternacht. "

"Die Anwohner sind erbittert darüber, dass die Angriffe in den Medien als Kampf verfeindeter Gruppen dargestellt wird. Damit werden die Opfer als Täter beschrieben."

"Vier Sprengsätze wurden letzte Nacht in dieses Viertel geworfen. Anwohner haben mir die Geschosse gezeigt - Brandbomben, hochentzündliche Mixturen, an denen Feuerwerkskörper befestigt waren, Ballone gefüllt mit Benzin, um Dächer in Brand zu setzen.

Diese permanenten Angriffe auf Viertel in Nordbelfast und Ostbelfast bergen die Gefahr, dass sie praktisch toleriert werden. "

"Es ist völlig unakzeptabel, dass Menschen so leben müssen. Es kann keine akzeptierbares Gewaltniveau geben und die britische Regierung muss das Problem der loyalistischen paramilitärischen Gewalt in diesen Gegenden endlich anpacken."

Adams sagte, die Anwohner des irisch-inationalistischen Viertels Short Strand hätten angesichts der seit Mai andauernden Gewalt eine bemerkenswerte Zurückhaltung gezeigt.

In einem Appell an alle Parteien, das Problem der Strassengewalt gemeinsam zu lösen, sagte der Sinn Fein Präsident: "In den Gesprächen, die zu Beginn dieses Sommers in Hillsborough stattfanden, sagten wir, das Thema der Gewalt in den Interfaces sei das drängendste Problem, das die britische Regierung, die irische Regierung und die Parteien zu lösen hätten."

"Mittlerweile ist es Herbst geworden und wir mahnen genau dasselbe Thema wiederum an. Es ist immer noch das drängendste Problem."

"Sinn Fein war aktiv und hat versucht, eine gemeinsame Lösung für das Problem zu finden. Der Belfaster Bürgermeister Alex Maskey hat insbesondere versucht, den Dialog zu ermöglichen."

"Um dieses Problem zu lösen, ist ein Dialog auf lokaler Ebene zwischen Unionisten und uns nötig, nicht irgendwelche Leute, die sich irgendwie äussern."

ANSCHLAG AUF PROMINENTEN REPUBLIKANER

Die Red Hand Defenders -- ein Tarnname, der von (den loyalistischen Terrorgruppen) UDA und LVF benutzt wird -- haben in einem Anruf bei einer Belfaster Zeitung Verantwortung für einen Mordversuch an Brendan Bik McFarlane übernommen. Bik McFarlane war während der Hungerstreiks 1981 OC (Officer Commanding) der IRA-Gefangenen in den H-Blocks.

Am Freitag Nacht wurde ein Sprengsatz in der Nähe des McFarlaneschen Hauses im Nordbelfaster Stadtviertel Ardoyne deponiert. In einem Telefonanruf benannten die "Red Hand Defenders" ihn als das geplante Opfer und übernamen die Verantwortung. Weder McFarlane noch seine Frau waren zu dieser Zeit zu Hause.

McFarlane berichtete, dass Angehörige der PSNI ihn am Samstag zu hause besuchten und ihm von dem Fund einer Rohrbombe in der Nähe seines Hauses berichteten. "Der Sprengsatz hätte meinen 3-jährigen Sohn oder die 20-Monate alte Tochter und den Babysitter töten können, wenn er explodiert wäre."

"Die RUC/PSNI informierte uns über den Vorfall erst am Samstag abend", fügte er hinzu.

Der prominente Republikaner erzählt, die RUC und PSNI hätten ihn in vier verschiedenen Anlässen davon unterrichtet, dass sein Leben bedroht sei. Er habe den Überblick verloren, wie oft er von Loyalisten bedroht wurde.

McFarlane macht den Unionismus verantwortlich "durch die Weigerung, im Rahmen des Karfreitagsabkommens zu arbeiten, ein Vakuum zu erzeugen, in dem alle irischen Nationalisten in Nordbelfast von unionistischen Paramilitärs als legitime Angriffsziele gesehen werden."

"Ich habe hier keine Sonderstellung gegenüber anderen Nationalisten in Nordbelfast, die davon unterrichtet wurden, dass sie von Loyalisten bedroht werden," sagte McFarlane.

UNIONISTISCHE REAKTIONEN KRITISIERT

Unterdessen hat der Abgeordnete Gerry Kelly die Reaktionen der verschiedenen unionistischen Politiker auf die unionistische paramilitärische Gewalt als "scheinheilig und gefährlich" bezeichnet.

Kelly machte diese Bemerkung nach dem Besuch im Haus einer katholischen Familie in der Alliance Avenue in Nordbelfast, das das Ziel einer der jüngsten religiös-rassistisch motivierten Angriffe auf Katholiken war. Es war der fünfte so geartete Angriff in dem Wohnviertel im Laufe der vergangenen Woche.

In den vergangenen Wochen haben loyalistische Politiker, darunter der ehemalige Belfaster Bürgermeister Jim Rodgers die Rohrbombe, die einen 14-jährigen Jungen in der Bryson Street im Viertel Short Strand in Ostbelfast verletzte, als "grüne Propaganda" bezeichnet.

Ausserdem behauptete Frankie Gallagher von der Ulster Political Research Group, die enge Verbindungen zur UDA hat, dass Loyalisten nicht in die -angriffe auf Bryson Street involviert gewesen seien, sondern dass diese ein Eigentor gewesen seien.

Rodgers behauptete, er habe von einem Angehörigen der PSNI erfahren, dass Republikaner im Short Strand ihr eigenes Viertel aus Propagandazwecken angegriffen hätten. Diese Behauptung wurde von einem Polizeioffizier, der die Einsätze in dem Bereich koordiniert, zurückgewiesen.

In seiner Antwort beschuldigt Kelly die Unionisten einer Vogel Strauss Politik. Sie versuchten, jeden anderen zu beschuldigen um sich selbst aus der Verantwortung zu stehlen. "Wir müssen uns nur daran erinnern, wie David Trimble versuchte, den Mord an dem jungen Ciaran Cummings in Antrim durch die UDA zu einem Drogendisput zu machen."

Kelly fügte hinzu: "Die Leute sind berechtigterweise wütend. Sie werden permanent von unionistischen Paramilitärs angegriffen, während unionistische Politiker aktiv versuchen, die Schuld für die loyalistischen Angriffe auf katholische Viertel anderen in die Schuhe zu schieben oder die Angriffe zu verschleiern.

"Während unionistische Politiker gemeinsam mit Loyalisten zu Gesprächen nach Südafrika fahren, haben sie das Niveau der loyalistischen Gewalt gegen Katholiken akzeptiert. Diese Position ist scheinheilig und gefährlich und unterstützt diejenigen, die diese nächtlichen Überfälle ausführen," sagte Kelly.

Übersetzung: Uschi Grandel, 10. November 2002