Falsche Annahmen über eine Bedrohung des Staates

Irish News, Mittwoch Columne von Brian Feeney


10. April 2002

Vor ungefähr 12 Jahren stoppte eine Streife der britischen Armee eine schwer bewaffnete UVF Mördertruppe auf der Falls Road. Die UVF-Truppe war gerade auf dem Weg, dem O'Donnel's Club eine Maschinengewehrsalve zu verpassen.

Als die britischen Soldaten das Auto umstellten, sprang ein UVF Mann heraus und rief "Nicht schießen, wir sind Protestanten."

Sein Zuruf basierte auf einer Reihe von Annahmen. Erstens, und natürlich von höchster Priorität, war seine Überzeugung, daß die Angabe seiner Religionszugehörigkeit seine Haut retten würde. Warum sollte das so sein? Warum sollte ihm das eine Chance geben, wo der unbewaffnete Pearse Jordan, der vor der RUC weglief, keine hatte und erschossen wurde?

Es war so wegen der zweiten Annahme des UVF Mannes, der Annahme, die britischen Soldaten würden sofort akzeptieren, daß die loyalistischen Killer keine Bedrohung für sie bedeuteten. Hätten sie stattdessen die Männer im Auto für IRA-Leute gehalten, hätten sie vermutlich das Auto mit Kugeln durchsiebt. Offensichtlich waren die Annahmen des UVF Mörders richtig, dann die Soldaten eröffneten nicht das Feuer und die UVF Männer kamen in's Gefängnis und nicht auf den Friedhof nach Roselawn.

Es ist nicht die Frage hier, ob die Annahmen richtig waren oder nicht. Es ist eine Tatsache, daß der UVF-Mann sie für ausreichend hielt, um sein Leben darauf zu setzen. Die grundsätzliche Annahme, die allem zu Grunde liegt, ist, daß die Republikaner eine Gefahr für den Staat darstellen, während die Loyalisten nur eine Gefahr für die Katholiken darstellen, und das ist ja nicht so wichtig.

Auf dieser Annahme basiert die Meinung, daß man sein Leben getrost darauf verwetten kann, daß die Sicherheitskräfte unterschiedlich auf Republikaner und Loyalisten reagieren.

Die Annahme scheint zu stimmen.

Die britische Verwaltung hier hat entschieden, daß der Einbruch in Castlereagh eine Bedrohung der nationalen Sicherheit war. Kurz danach hat der britische Nachrichtendienst entschieden, daß die Republikaner dahinter stecken. Vierhundert Polizisten und Soldaten wurden ausgeschickt, um in die Wohnungen von prominenten Republikanern und verschiedene Büros, wie z.B. das Pat Finucane Centre und Cunamh , einzubrechen und sie zu zertrümmern, offiziell eine Verhaftungs- und Durchsuchungsaktion. Leute wurden zu Verhören davongekarrt, Dokumente, Computer und Zubehör konfisziert.

Andererseits hat Alan McQuillan, der stellvertretende Polizeichef von Belfast unmißverständlich klargestellt, daß die UDA hinter den Gewaltausbrüchen in Nord-Belfast - derzeit hauptsächlich der Limestone Road - steckt. Kürzlich wurde die Polizei mit zahllosen Benzin-Bomben, Streubomben und mehr als einem dutzend Schüsse von den Stellungen der UDA in Tiger Bay aus attackiert. Dies ist eine klare Verletzung der oben erwähnten grundsätzlichen Annahmen: ganz offensichtlich sind die Loyalisten eine Gefahr für den Staat; und sind es immer gewesen.

Und dennoch wurde bisher kein Mitglied der UDA verhaftet. Kein Haus eines führenden Mitgliedes der UDA wurde durchsucht, obwohl ein hoher Repräsentant der Polizei öffentlich sagt, er glaube, sie seien verantwortlich. Natürlich hatte man keine größere Sicherheitsaktion gegen die UDA erwartet, nachdem sie im Jahre 2001 Hunderte von Brandbomben auf Wohnungen von Katholiken geworfen hat. Und es gab auch keine. Die UDA bestätigte ihren Ruf,eine Gefahr nur für Katholiken und nicht für den Staat zu sein. Aber man hätte eine erhebliche Reaktion erwarten können, als die UDA über jeden Zweifel hinaus demonstrierte, was wir schon seit Jahren wissen, daß sie eine ernste Gefahr für die Sicherheitskräfte darstellt.

Entgegen dieser Erwartung keine Aktion. Nichts. Zero. Gar nichts. Nicht einmal die Verhaftung von Gewalttätern. Im Gegenteil, die naive britische Verwaltung hier zieht es vor, den Versicherungen eines UDA Sprechers zu glauben, der zum ungezählten Mal sagt, die UDA werde ihren Einfluß geltend machen, um die Gewalt zu beenden - entgegen aller Beweise, Erfahrung und gesundem Menschenverstand. Bestehen bleibt dieser rührend naive Glaube trotz Mr. McQuillan's Schluß, daß die UDA keinen Frieden will, daß sie nicht in der Nähe von Katholiken leben will und trotz der Tatsache, daß einen Tag nach der letzten derartigen Versicherung, die UDA Bomben auf das Haus eines Paares geworfen hat, das aus einem Katholiken und einem Protestanten besteht.

Das Problem mit der Einstellung der NIO (Nordirlandbehörde) ist, daß die UDA aus kleinen Gruppen, ohne zentrales Kommando besteht, einem nicht funktionierenden politischen Flügel, ohne politische Ziele und - noch wichtiger - ohne Wähler. Ihre politischen Aussagen werden von keinem Menschen, abgesehen vom NIO, ernst genommen. Schließlich wählen nicht einmal alle UDA-Mitglieder die UDA Kandidaten, was zeigt, daß die Mitglieder wissen, daß die UDA keine politischen Ziele hat, auch wenn die NIO das so gerne glauben möchte.

Dennoch befinden sie sich auf der sicheren Seite, so lange die falschen Annahmen unseres schießwütigen UVF-Mannes bestehen, weil die NIO die UDA nicht als Gefahr für Nord-Irland erkennt. Nicht einmal Schüsse und Bombenwürfe können das ändern. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, der stellvertretende Polizeichef würde die IRA für 20 auf Polizisten geworfene Bomben verantwortlich machen. Wie groß wäre der Aufschrei? Wieviel Dezibel könnten wir bei den Unionisten Politikern messen?