Irish Republican News and Information, 10 Januar 2002, http://irlnet.com/rmlist/ 


GEWALT GEGEN ELTERN UND KINDER DER HOLY CROSS SCHULE  'SCHLIMMER ALS JE ZUVOR'

Die Holy Cross Schule bleibt auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der Grund ist die Neuaufnahme von Krisengesprächen, um den Konflikt zu beenden. Unterdessen wurde die katholische Our Lady of Mercy school auf der Crumlin Road von Loyalisten attackiert, die Berichten zufolge Autoscheiben und Türen zertrümmerten.

Gestern Nacht kam es in Nordbelfast zu den schlimmsten Zusammenstössen seit Monaten, als Eltern angegriffen wurden, die mit ihren Kindern von der benachbarten Schule nach Hause gingen.

Seit im Juni letzen Jahres Eltern und Kinder der Holy Cross Schule durch Steinwürfe angegriffen wurden, sind die Schulmädchen in Ardoyne eine Zielscheibe loyalistischer Gewalttäter geblieben. Die Eskalation der Gewalt und des blinden Hasses gegen die Eltern und Kinder auf ihrem Schulweg hat viele an den Rassenhass gegen die amerikanische Bürgerrechtsbewegung erinnert.

Obwohl Loyalisten letzten Monat zustimmten, ihre Blockade der Schule zu "suspendieren", eskalierte die Situation gestern, als eine katholische Mutter von einem Loyalisten ins Gesicht geschlagen wurde.

Die Loyalisten lungerten vor der Schule herum, beleidigten und bespuckten Mütter, die sich gegen Schulende auf den Weg zur Schule machten.

"Wir gingen die Strasse hinunter, als drei Männer versuchten, eine der Mütter, die ihre Tochter an der Hand hatte, anzurempeln", erzählt eine der Frauen.

"Als sie die Hand hob, um sich zu schützen, schlug ihr einer der Gang ins Gesicht. Danach rannten wir einfach nur weg. Loyalistische Sirenen fingen an zu heulen und plötzlich kamen sie von überall her."

Als die Neuigkeit die Runde machte und Eltern sich auf den Weg zur Schule machten, betätigten die Loyalisten im Bezirk Glenbryn Sirenen und Hupen. Ein Auto voller Loyalisten, gefolgt von ca. 30 weiteren Loyalisten für in den Schulhof und versperrte das Schultor. Dann attackierten die Loyalisten die Schule.

Anwohner von Glenbryn blockierten die Ardoyne Road und nichts ging mehr..

Schülerinnen und ihre Eltern, die noch in der Schule waren, wurden durch einen Notausgang aus der Schule gebracht und mit Bussen via Crumlin Road zu den Ardoyne Shops (dem anderen Ende der Ardoyne Road) gefahren.      

Einer der Väter, John Murphy, holte sein Kind von der Schule ab, als Loyalisten versuchten, die Schultore mit dem Auto zu rammen.

"Sie fuhren mit dem Auto auf den Schulhof und versuchten, Leute umzufahren", berichtet er. "Sie wendeten das Auto und fuhren die Schulleiterin, Frau Tanney, um. Nach diesem Vorfall waren wir gezwungen, die Kinder durch den Hinterausgang aus der Schule zu schleusen.

Der Bus, der die Holy Cross Schülerinnen, manche gerade mal vier Jahre alt, evakuierte, wurde in der Ardoyne Road von Loyalisten angegriffen, die in mit Steinen und anderen Wurfgeschossen bewarfen. Der Bus wurde angegriffen, als er gezwungen war, an einer Baustelle zu halten, die Kinder waren völlig verstört und weinten.

"Ich kann einfach nicht glauben, dass erwachsene Männer und Frauen kleine Kinder von vier, fünf oder sechs Jahren mit Wurfgeschossen angreifen", sagte eine Mutter. 

Sie sagte, ihrer Meinung nach sei dieser Angriff geplant gewesen. "Woher sind die sonst alle gekommen? Wie kommt so eine grosse Menschenmenge in die Nähe des Busses, unmittelbar nachdem er halten musste", fragt sie.

"Das Ganze ist kompletter Wahnsinn. Sie haben die Kinder monatelang terrorisiert und bekamen 18 Millionen GBP (das entspricht 27 Mio EURO) für ihren Bezirk, als sie den Protest suspendierten.

Als ich zur Schule hochging, um mein zweites Kind abzuholen, bin ich wegen des Krawalls auf der Ardoyne Road nicht mehr durchgekommen. Nennen sie das Suspendierung?"

Die Lage eskalierte, als Loyalisten benachbarter Bezirke, von Hesketh und aus der Twaddell Avenue, auf die Upper Ardoyne Road kamen. Kurz danach wurden drei nationalistische Männer durch Schüsse, die vermutlich aus Schrotflinten kamen, verletzt. Einer der Männer wurde mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus gebracht.

Der Schulleiter Pfarrer Aidan Troy, der von den Geschehnissen zutiefst geschockt war, erzählte, er habe von der Polizei kurz nach 14.30 einen Anruf erhalten.

"Es war der Anruf, den ich gefürchtet hatte. Ich hatte gehofft, er würde niemals kommen, aber er kam, und nun ist die Lage schlimmer als jemals zuvor", sagte er.

"Ich ging hoch zur Schule und sprach mit den Lehrern und Eltern, die schockiert waren. Die Stimmung war  auf das äusserste gespannt und es waren immer noch Kinder in der Schule. Sie hatten Glück, dass wir sie durch die Hintertür in Sicherheit bringen konnten."

Pfarrer Troy sagte, die Schule bleibe heute geschlossen und er wisse nicht, wann die Kinder wieder in der Lage sein würden, in die Schule zu gehen.

"Wir hatten gehofft, es wäre alles vorbei, nun ist es schlimmer als je zuvor", sagte er.

Als die Situation eskalierte, bewarfen sich  Loyalisten und Nationalisten mit Wurfgeschossen über die RUC-Polizei-Sperre hinweg. Einige katholische Häuser wurden ebenfalls attackiert.

Nach einer Pause von zwei Stunden wurde die nahegelegene Mercy primary school auf der Upper Crumlin Road ebenfalls von Loyalisten attackiert. Die eintrffende RUC-Polizei überfuhr zwei Nationalisten mit ihren Land Rovern. Einer erlitt schwere Beinverletzungen. Eine weitere Frau wurde von einem Auto angefahren und verletzt, an dessen Steuer vermutlich Loyalisten saßen.

Danach kam es zu schweren Ausschreitungen und die Loyalisten bewarfen einen Polizei-Panzerwagen mit Brandbomben. Die RUC schoss mit Plastikgeschossen auf Nationalisten und verletzte zwei Personen.

Der Sprecher der Holy Cross Eltern, Brendan Mailey, sagte, die Spannung sei seit Schulbeginn am Montag hoch gewesen.

"Am Dienstag gab eine Reihe von Vorfällen, als Loyalisten Eltern verhöhnten und bespuckten. Wir hatten gehofft, wir könnten solche Vorfälle durch Dialog aus der Welt schaffen. Das Allerletzte, was wir wollen, ist eine Rückkehr zur Schulblockade. Jetzt sieht es so aus, als ob alles umsonst gewesen wäre. Wir sind jetzt in einer Situation, wo wir nicht einmal wissen, wann oder sogar ob die Kinder wieder zurück in die Schule können."

Der Abgeordnete von Sinn Fein für Nordbelfast, Gerry Kelly, sagte, es gäbe keinen Zweifel, dass die Angriffe koordiniert gewesen waren. "Für mich ist das klar wegen der Art und Weise, wie der Mob durch den Einsatz von Sirenen und Hupen aus den Bezirken Glenbryn, Twaddell Avenue und Hesketh gerufen wurde, dass dies von Loyalisten geplant war. Ich beschuldige die UDA. Ihre rassistische Agenda kommt hier wieder zum Vorschein."

Er drängt unionistische Politiker, die Verantwortlichen für die Gewalt zur Rede zu stellen und die Gewalt "unter Kontrolle zu bekommen".

Der Erziehungsminister Martin McGuinness sagte, er sei sehr beunruhigt, dass die Holy Cross Kinder wieder mit Gewalt konfrontiert würden.

"Ich bin zutiefst enttäuscht über die Entwicklungen dieses Tages und ich möchte die lokalen Politiker und Repräsentanten zu einem ehrlichen und ernsthaften Dialog auffordern, um weitere Eskalationen zu verhindern und die Situation zu lösen, sagte er.

Übersetzung: Uschi Grandel, 10.1.2002, Text in Klammern dient der Erläuterung