Frankfurter Rundschau, 17.5.2001:

Verurteilte Mörder dürfen der britischen Rheinarmee dienen

Auswärtiges Amt sieht keinen Grund, sich in fremde Angelegenheiten einzumischen / Laufendes Gerichtsverfahren in Belfast

Von Niels Barnhofer (Frankfurt a. M.)

Zwei britische Soldaten, die in Nordirland wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurden, sind in der Rheinarmee stationiert. Gegen deren Aufenthalt in Deutschland protestiert die Kampagne "Gerechtigkeit im Fall Peter McBride". Das Auswärtige Amt sieht jedoch keine Veranlassung, sich in diese Angelegenheit einzumischen.

Peter McBride geriet am 4. September 1992 in der Nähe seiner Wohnung im Norden Belfasts in eine Armeekontrolle. Der 18 Jahre alte Vater von zwei Kindern wurde laut Guardian von zwei Mitgliedern des Scots Guards Regiments durchsucht. Obwohl die Soldaten außer einer Plastiktüte nichts bei ihm finden konnten, rannte der Teenager davon. Darauf eröffneten die beiden Wachleute James Fisher und Mark Wright das Feuer und töteten den jungen Mann mit Schüssen in den Rücken.

Im Februar 1995 verurteilte der High Court in Belfast die beiden Soldaten zu lebenslanger Haft. Von ihrer Strafe saßen sie allerdings nur drei Jahre ab. Auf Betreiben der damaligen Nordirlandministerin und nach einer Kampagne von Teilen der britischen Armee wurden sie auf Bewährung freigelassen. Mehr noch: Wieder auf freien Füßen nahm die Armee Fisher und Wright wieder auf. Mittlerweile sind die beiden in Deutschland stationiert.

Davon hat die Kampagne "Gerechtigkeit im Fall Peter McBride" im Dezember erfahren. Seither bemüht sich die deutsch-irische Solidaritätsgruppe herauszufinden, ob gegen die Stationierung der beiden hier zu Lande vorzugehen ist. Immerhin hat die Gruppe Fürsprecher gewonnen. So bat das Bundesverteidigungsministerium in einem Brief vom 31. Januar das Auswärtige Amt "im Hinblick auf den Schutz der Menschenrechte in Europa zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen im diplomatischen Bereich angezeigt sind". Ähnliche Fragen reichte die PDS-Abgeordnete Heidi Lippmann im April mit einer kleinen Anfrage an den Bundestag ein. Die Antworten waren jeweils die gleichen: Es besteht kein Handlungsbedarf.

In einem Brief von Ludger Volmer, Staatsminister im Auswärtigen Amt, heißt es: "Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Stationierung britischer Streitkräfte in Deutschland sind im Nato-Truppenstatut vereinbart. Danach können deutsche Behörden förmliche Anträge auf Entfernung einzelner Mitglieder der Streitkräfte des Entsendestaates stellen, wenn durch die Anwesenheit der in Frage stehenden Person im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit gefährdet ist. Hierfür gibt es jedoch im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte." Er gebe auch nicht Anlass, um die Vereinbarungen um einen Passus zu ergänzen, der den Aufenthalt von Soldaten in Deutschland beschränkt. Kriterium könnten die Zulassungsbestimmungen zum deutschen Wehrdienst sein.

Hintergrund einer solchen Forderung ist es, so das Souveränitätsrecht im eigenen Land wahrzunehmen. So sieht es zumindest PDS-Berater Jochen Scholz. Der argumentiert: "Wenn die Briten hier stationiert sind, dann muss Gleichheit zur Bundeswehr bestehen." Soll heißen: keine verurteilten Mörder in der Armee. Aber vielleicht ist es nur eine Frage der Zeit, wie lange die Armee ihre Hand über Fisher und Wright halten kann. Denn derzeit überprüft der High Court in Belfast, ob die Begnadigung der beiden rechtens war.

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Dokument erstellt am 16.05.2001 um 21:34:33 Uhr
Erscheinungsdatum 17.05.2001