Herrn Minister Rudolf Scharping
Bundesminister der Verteidigung
Platz der Republik 1
11011 Berlin

Sehr geehrter Herr Scharping,

ich wurde von deutsch-irischen Solidaritätsgruppen gebeten, nachfolgende Anfragen an Sie zu richten.

1992 töteten zwei Soldaten der britischen Armee in Belfast einen unbewaffneten jungen Iren und Vater, den sie nur wenige Minuten, bevor sie ihn erschossen, gründlich durchsucht hatten. Sie wußten, daß er nicht bewaffnet war und schossen ihm in den Rücken. Ein ziviles Gericht verurteilte die beiden Soldaten zu lebenslänglichem Gefängnis.

Nach einer Kampagne innerhalb der britischen Armee und einem Teil der britischen Presse wurde die beiden Soldaten nach sechs Jahren wieder freigelassen. Am 3.11.98 hat der Armeerat entschieden, daß die beiden Soldaten den Dienst in ihrem Regiment wieder aufnehmen dürfen.

An Sie gerichtet, möchten wir unsere Besorgnis zum Ausdruck bringen, dass nach nur 6 Jahren Haft die lebenslänglich verurteilten Mörder Mark Wright und James Fisher vorzeitig entlassen und wieder in die britische Armee aufgenommen wurden. Wir haben Grund anzunehmen, daß die beiden Soldaten derzeit in Deutschland stationiert sind.

In Irland ist die Empörung groß, daß die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Soldaten in die Armee bei einer kürzlichen Überprüfung des Falles vom Britischen Armeerat bestätigt wurde. Diese Entscheidung wird von vielen als rassistisch und anti-irisch betrachtet. Seit 1995 sind über 1400 Soldaten wegen Drogenmißbrauchs aus der Armee entlassen worden. Die Ermordung eines irischen Bürger wird als weniger schlimmes Verbrechen betrachtet. Dies ist Rassismus seitens einer staatlichen Institution.

"Die Wiederaufnahme der zwei Scot Guards ist eine Angelegenheit von großer Besorgnis und Enttäuschung."
 
"The reinstatement of the two Scot Guards is a matter of great concern and dissapointment."

 Erzbischof Sean Brady, Primate of the Catholic Church in Ireland.

Was für den irischen Friedensprozeß sehr problematisch ist, ist die Tatsache, daß John Spellar MP, Minister für die Streitkräfte und Mitglied des Labour-Kabinetts,  die Entscheidung zusammen mit dem heutigen General des Fallschirmjägerregiments von Bloody Sunday, Mike Jackson, traf. Beide sind Mitglied des Armeerates.

Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, daß in Irland derzeit offizielle Untersuchungen zur Rolle der britischen Armee während der letzten 30 Jahre des Konfliktes stattfinden. Eine der umfangreichsten und teuersten Untersuchungen der britischen Rechtsgeschichte befaßt sich momentan mit der Schuld der britischen Armee am Massaker von Bloody Sunday, bei dem General Mike Jackson Adjutant des Befehlshabers Wilford war.

Eine andere offizielle Untersuchung hat die Zusammenarbeit zwischen der britischen Armee und loyalistischen Todeskommandos bei der Ermordung des Rechtsanwaltes Pat Finucane zum Gegenstand. Es gibt massive Forderungen nach weiteren Untersuchungen der Kollaboration in folgenden Fällen:

Ist der Bundesregierung bekannt, daß zwei wegen Mordes verurteilte Soldaten bei der britischen Rheinarmee stationiert sind?  Was ist ihre Stellungnahme dazu? Wie ist diese Tatsache vereinbar mit der derzeit geführten Diskussion in der deutschen Öffentlichkeit, Mörder und andere schwere Gewaltverbrecher nach ihrer Verurteilung in Sicherungsverwahrung nehmen zu können? Uns ist außerdem bekannt, daß es momentan Bestrebungen gibt, neben der bereits praktizierten Regelung, verurteilte Straftäter nicht zum Dienst an der Waffe zuzulassen, auch bekannte Rechtsradikale vom Wehrdienst auszuschliessen. Der Umstand, dass die Britische Armee zwei verurteilte Mörder wieder aufgenommen hat  und diese hier in Deutschland ihren Dienst versehen, steht hierzu in offenem Widerspruch!

Wir fordern Sie deshalb auf, den Sachverhalt aufzuklären. Wegen Mordes verurteilte Soldaten können in der britischen Rheinarmee nicht akzeptiert werden.

Sehen Sie, bzw. Ihre Partei, eine Möglichkeit unsere Forderung zu unterstützen?

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwaeltin Elke Nill