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29. März 2010, Brüssel: Pressekonferenz im Europaparlament

Friedensnobelpreisträger unterstützen

Konfliktlösung im Baskenland

Uschi Grandel, 6. April 2010

Vier Friedensnobelpreisträger, darunter der südafrikanische Bischof Desmond Tutu und der nordirische langjährige Vorsitzende der nordirischen Sozialdemokraten John Hume, die ehemalige Präsidentin der Republik Irland und spätere Hochkommissarin der UNO für Menschenrechte, Mary Robinson, sowie der Brite Jonathon Powell, der als rechte Hand Tony Blairs ein zentraler Akteur im britisch-irischen Friedensprozess war, die Nelson Mandela Stiftung und weitere internationale Persönlichkeiten erklärten ihre Unterstützung für die Friedens- und Konfliktlösungsinitiative der Aberzalen Linken, der baskischen linken Unabhängigkeitsbewegung. (Das Foto zeigt das Titelbild des Dokuments "Zutik Euskal Herria - Steh auf, Baskenland", in dem die abertzale Linke im Februar 2010 unilateral ihre Friedensinitiative manifestiert.)

Internationale Erklärung und weitere Informationen aus der Pressekonferenz (PDF, 77 kB) >>
Dokument der abertzalen Linken: "Zutik Euskal Herria - Steh auf, Baskenland" (PDF, 87 kB) >>

Auf einer Pressekonferenz am Montag, den 29. März 2010 im Europaparlament in Brüssel stellte der südafrikanische Anwalt Brian Currin die von 21 internationalen Persönlichkeiten unterstützte Erklärung der öffentlichkeit vor:

"Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, begrüßen die vorgeschlagenen Schritte und die öffentlich erklärte Bereitschaft der baskischen Pro-Unabhängigkeitsbewegung (abertzale Linke), ihre politischen Ziele mit 'ausschließlich politischen und demokratischen Mitteln' und 'in der völligen Abwesenheit von Gewalt' zu erreichen.

Wird diese Willenserklärung vollständig in die Tat umgesetzt, kann dies ein großer Schritt in Richtung der Beendigung des letzten verbleibenden Konflikts in Europa sein.

Wir haben die Erwartung, dass sich in den kommenden Monaten eine Situation ergeben kann, in der die Bereitschaft zu friedlichen, demokratischen und nicht-gewalttätigen Mitteln irreversible Realität wird. Um dies zu erreichen, appellieren wir an ETA, diese Willenserklärung durch einen permanenten und vollständig verifizierten Waffenstillstand zu unterstützen.

Wird eine solche Erklärung von der Regierung entsprechend beantwortet, würde dies neue politische und demokratische Möglichkeiten schaffen, die es erlauben, die Differenzen zu lösen und einen dauerhaften Frieden zu erreichen."

Unterstützerinnen und Unterstützer der Erklärung:

Betty Williams (Friedensnobelpreisträgerin), Denis Haughey (Social Democratic Labour Party in Nordirland, im Vorstand der Europäischen Sozialisten und der Sozialistischen Internationale), John Hume (Friedensnobelpreisträger), Archbishop Desmond Tutu (Friedensnobelpreisträger), Mary Robinson (ehemalige Präsidentin der irischen Republik), President FW de Klerk (Friedensnobelpreisträger gemeinsam mit Nelson Mandela), Die Nelson Mandela Stiftung (mit dem Zusatz, dass diese Erklärung in vollem Einklang mit den ethischen Grundsätzen des Gründers Nelson Mandela ist), Aldo Civico, Sheryl Brown, Andrea Bartoli, Alan Smith, Christopher Mitchell, John P Linstrot, Hurst Hannum, Jon Etchemendy , William Kelly, Albert Reynolds (Ehemaliger Taoiseach - Ministerpräsident - der Republik Irland), Jonathon Powell (Büroleiter unter Premierminister Tony Blair), Nuala O'Loan, Raymond Kendall, Silvia Casale (Erläuterung zu den Funktionen in "Internationale Persönlichkeiten unterstützen Konfliktlösung im Baskenland")

Abertzale Linke: "in all ihren Dimensionen äusserst positiv"

Die Abertzale Linke begrüsst in ihrer Stellungnahme vom 31. März 2010 die Erklärung und bekräftigt ihre Entscheidung, unilateral mit ausschliesslich friedlichen Mitteln auf einen demokratischen Prozess ohne Gewalt und äussere Einflussnahme hinzuarbeiten. Sie bewertet "die Erklärung der internationalen Persönlichkeiten in all ihren Dimensionen als äusserst positiv" und als "wichtigen Beitrag zur Schaffung einer neuen Situation in Euskal Herria (dem Baskenland)" und appelliert an alle in der Erklärung angesprochenen Parteien, ihren Beitrag zu leisten.

Auch die sozialdemokratische baskische Pro-Unabhängigkeitspartei Eusko Alkartasuna begrüsst die Erklärung der internationalen Persönlichkeiten und beklagt das Schweigen der spanischen Regierung und der Regierungspartei PSOE. Die spanische Tageszeitung El Pais berichtet in ihrer Ausgabe vom 1. April 2010, dass der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero ungehalten über die Unterstützung ist, die Brian Currin für die neue Initiative zur Konfliktlösung zeigt. Er sieht sich Hardlinern der rechten Partei Partido Popular und wohl auch aus den eigenen Reihen gegenüber. Diese haben in den letzten Jahren den Kampf gegen ETA als Begründung benutzt, um demokratische Rechte im Baskenland drastisch einzuschränken, den politischen Sektor der baskischen Unabhängigkeitsbewegung aus den demokratischen Institutionen zu verdrängen und politischen Dissens zu kriminalisieren. So ist es kein Zufall, sondern Ausdruck der Macht dieser Hardliner, dass ausgerechnet die Initiatoren des unilateralen Konfliktlösungsvorstosses der Abertzalen Linken, der ehemalige Batasuna-Sprecher Arnaldo Otegi und der ehemalige Generalsekretär der Gewerkschaft LAB Rafa Diez, seit Herbst 2009 "präventiv" inhaftiert sind und sich in spanischen Gefängnissen über 500 km vom Baskenland entfernt befinden.

Spanische PSOE: "Wir werden nicht machen, was die sagen"

Nach tagelangem Schweigen nahm schliesslich die für die internationale Politik der PSOE zuständige Elena Valenciano Stellung zur Erklärung aus Brüssel. "Wir werden nicht machen, was die sagen", ist die fast trotzige Reaktion der spanischen Regierungspartei. Die Unterstützung international anerkannter Persönlichkeiten, die weltweit als Friedensstifter hohes Ansehen geniessen, für die Konfliktlösungsinitiative der abertzalen Linken ist ein herber Schlag für die spanische Regierung, die den spanisch-baskischen Konflikt stets geleugnet und zum Terrorismusproblem umdefiniert hat.

Noch gibt es keine Stellungnahme von ETA (Euskadi Ta Askatasuna - Baskenland und Freiheit) zum Appell der internationalen Persönlichkeiten an die bewaffnete Organisation, "diese Willenserklärung durch einen permanenten und vollständig verifizierten Waffenstillstand zu unterstützen". Eine positive Reaktion von ETA würde es der spanischen Regierung jedoch noch schwerer machen, die Konfliktlösungsinitiative und ihre international hochkarätige Unterstützung zu ignorieren.

Hintergrund: die Konfliktlösungsinitiative der baskischen abertzalen Linken

über Monate hatten regionale Versammlungen der abertzalen Linken ihre Strategie anhand des Entwurfs "Klärung der politischen Phase und der Strategie" diskutiert. Am 16. Februar 2010 war die Diskussion beendet. Mehr als 600 Repräsentantinnen und Repräsentanten der über 270 lokalen Versammlungen präsentierten als Ergebnis die Erklärung "Zutik, Euskal Herria (Steh auf, Baskenland)", die die zukünftige Strategie definiert und festlegt. Zusammenfassend erklärten sie:

1. Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, ausschließlich friedliche und demokratische Mittel und Wege zu wählen. Diese Methoden ermöglichen die nötige Mobilisierung der Bevölkerung und die Aktionseinheit demokratischer und progressiver Kräfte im Baskenland als Garantie für den Beginn und die Weiterführung eines demokratischen Prozesses. Dieser demokratische Prozess muss sich in der völligen Abwesenheit von Gewalt und ohne äußeren Einfluss entwickeln. Wir unterstützen den Dialog und Verhandlungen aller politischen Kräfte. Diese müssen den Grundsätzen des Senators Mitchell folgen.

2. Eine wachsende Bündelung von Kräften in der Bevölkerung durch ausschließlich institutionelle und ideologische Auseinandersetzung bildet die Grundlage, um den spanischen Staat auf das Feld eines freien und demokratischen Austauschs von Ideen und politischen Projekten zu führen. Auf diese Weise werden wir in der Lage sein, eine Situation zu schaffen, in der baskische Bürgerinnen und Bürger frei, friedlich und demokratisch über ihre eigene Zukunft entscheiden.

3. Wir rufen die baskische Bevölkerung und alle progressiven, demokratischen und sozialen Kräfte im Baskenland dazu auf, ihre Kräfte zu vereinen, um diesen Prozess irreversibel zu machen, ohne dabei die eigene historische Identität zu verlieren. Wir rufen gleichermaßen die internationale Gemeinschaft dazu auf, diesen Prozess zu begleiten.

4. Wenn wir gemeinsam arbeiten und die Bevölkerung mobilisieren, wird uns dieser Weg in den kommenden Monaten neuen Fortschritt bringen und den Prozess unumkehrbar machen.


Wichtige Dokumente der Konfliktlösungsinitiatve finden sich in deutscher übersetzung auf der Webseite Info Baskenland, dem Portal von Euskal Herriaren Lagunak - Freundinnen und Freunde des Baskenlands,unter anderen:

Erklärung der Abertzalen Linken (Feb 2010): "Zutik Euskal Herria (Steh auf Baskenland)" >>
Abertzale Linke (Okt 2009): "Klärung der politischen Phase und der Strategie" (als PDF) >>

Wir haben auf Info Baskenland eine Seite speziell zum Thema Konfliktlösung eingerichtet, auf der wesentliche Dokumente, Berichte und Kommentare zum Thema zu finden sind.

Begleitet wird die Konfliktlösungsinitiative von Brian Currin, der sich seit längerem für eine Lösung des spanisch-baskischen Konflikts engagiert. Er wurde 1950 in Südafrika geboren und hat sich als Menschenrechtsanwalt auf die Unterstützung von Friedensprozessen spezialisiert. Während des letzten Jahrzehnts der Apartheid war er nationaler Geschäftsführer des Verbands der Menschenrechtsanwälte. Im Jahre 1994 wurde er von Südafrikas neuem Präsidenten Nelson Mandela zum Vorsitzenden des Komitees "Gefängnis-Audit" berufen, dessen Aufgabe die Freilassung der politischen Gefangenen war. Später vertrat er Opfer vor der Wahrheitskommission. Er arbeitete außerdem in Sri Lanka, Rwanda, Malawi, Namibia, dem Nahen Osten, dem Baskenland und Nordirland zu Themen der Menschenrechte und der politischen Transformation.


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