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+++ 30. Juni 2009: Kleine Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Strasbourg bestätigt überraschend das Verbot der baskischen Partei Batasuna und zweier weiterer Wahllisten aus dem Spektrum der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung durch die spanische Justiz +++ Europäischer Gerichtshof legitimiert damit schwere Einschränkungen politischer Grundrechte +++ Widerspruch zur Haltung der Menschenrechtskommission der UN +++

Batasuna: Stellungnahme zum Urteil des
Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Strasbourg

Batasuna hatte Klage gegen ihre Illegalisierung durch den spanischen Staat gemeinsam mit Listen für Kommunal- und Europawahlen, die ebenfalls verboten worden waren, eingereicht. Das Urteil, das der kleine Saal des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Strasbourg nun verkündet hat, ist ein Urteil, dessen Inhalt wir ablehnen. Aus politischer Sicht trägt es nichts zu einer Lösung des baskischen Konflikts bei. Stattdessen bewirkt es das Gegenteil. Auch im europäischen Rahmen halten wir dieses Urteil für einen klaren Rückschritt in Bezug auf Freiheiten und fundamentale Rechte, die in der Zukunft auch andere progressive Organisationen betreffen können, die den rechtlichen Rahmen des Staates, in dem sie agieren, in Frage stellen.

Leider hat der Gerichtshof die Begründungen und Argumente akzeptiert, mit der die damalige Regierung der Partido Popular (PP) des Herrn Aznar mit Einverständnis der PSOE einen Konfliktlösungsprozess verhindert und ein Szenario der permanenten Konfrontation errichtet hatte.

Wir rufen in Erinnerung, dass das "Ley de Partidos políticos (das spanische Parteiengesetz)" ad hoc geändert wurde, um Batasuna (und später andere politische Organisationen der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung und ihres Umfeldes) zu verbieten. Entstanden ist dieses Gesetz unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus, den die Regierung Bush erklärt hatte, und noch konkreter, unter einer Regierung der PP, die auch den Kampf gegen den Irak rechtfertigte und ihn gemeinsam mit den Vereinigten Staaten und Großbritannien führte. Die Konsequenzen dieses Krieges sind heute allen bekannt. Ein totaler Krieg gegen den Terrorismus, der unter klarer Verletzung fundamentaler Rechte und inakzeptabler Einschränkung von Rechten geführt wurde.

Nach unserem Verständnis verletzt das Urteil des Gerichtshofs in Strasbourg die grundlegenden Rechte auf Freiheit der Teilnahme am politischen Leben und der politischen Repräsentation.

überraschend ist, dass diejenigen, die bis heute noch nicht die Diktatur Francos verurteilt haben, und diejenigen, die neben ihren politischen Aktivitäten zeitweise Staatsterrorismus einsetzten (die PSOE und die paramilitärischen Gruppen der GAL), diejenigen sind, die sich heute über das Urteil freuen können. Ein Urteil, das nach unserem Verständnis NICHTS BEITRäGT zur Lösung des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Problems: der Fortdauer eines politischen Konflikts zwischen Euskal Herria (dem Baskenland) und dem spanischen Staat. Paradoxerweise verschärft dieses Urteil, das Verbindungen zwischen der Organisation ETA und der politischen Partei Batasuna behauptet, einen schweren Konflikt im Zentrum der Europäischen Union noch weiter. Denn mit derselben Logik muss man feststellen, dass es in einem Land mit drei Millionen Einwohnern im Herzen Europas etwa 150.000 - 200.000 Menschen gibt, die eine Organisation, die als terroristisch eingestuft wird, unterstützen und Beziehungen zu ihr unterhalten.

Einmal mehr muss die linke Unabhängigkeitsbewegung eine juristische Entscheidung politisch mit Blick auf die Zukunft analysieren, eine Entscheidung, die wir durch den langen Schatten des spanischen Staates beeinflusst sehen.

Die linke baskische Unabhängigkeitsbewegung hat sich klar und deutlich für ein Szenario des Friedens und der Demokratie ausgesprochen und wird dies auch weiterhin tun, für ein gewaltfreies Szenario mit demokratischen Rechten für eines der ältesten Völker Europas. Diese Position haben wir trotz aller tragischen Ereignisse unterschiedlichster Art immer vertreten und werden sie auch weiter vertreten.

Deswegen teilen wir viele der Mutmaßungen und Verweise des Urteils nicht. Wir sind im Gegenteil der Meinung, dass es die Handlungen eines Staates rechtfertigt, der nicht zögert und nie gezögert hat, elementare Rechte durch Sondergesetze zu verletzen (wie durch das Anti-Terrorismus-Gesetz, die Aufhebung eines festen Endes einer Strafe wie in der Parot-Doktrin festgelegt, das Parteiengesetz, …).

Aus unserer Sicht ist das Urteil der Kammer ein Rückschritt. Es ermöglicht weitere Verletzungen der Grundrechte der Bevölkerung in Euskal Herria (im Baskenland) und stellt mit seinen Begründungen einen Rückschritt für alle Bürger Europas dar. Es ist ein Urteil, das Sicherheitsfragen Vorrang vor Rechten und Freiheiten gibt. Beispielsweise bekräftigt das Urteil die Beschlüsse des EU-Ministerrats zur Auflistung terroristischer Organisationen, die bereits vor der Parlamentarischen Versammlung des Europaparats durch einen Bericht des Referenten Dick Marty kritisiert wurden.

Unsere Anwälte analysieren derzeit das Urteil und werden höchstwahrscheinlich Revision bei der großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte einlegen, da die Kammer bei der Urteilsverkündung der Meinung war, dass die Themen auf Grund ihrer Bedeutung durch die Große Kammer behandelt werden sollten. Mit dieser Haltung steht sie im Widerspruch zur spanischen Regierung.

Wir wenden uns mit einer Botschaft der Zuversicht an die baskische Gesellschaft, an den politischen, sozialen und gewerkschaftlichen Sektor, der in der linken Unabhängigkeitsbewegung den Garanten für die Eröffnung eines neuen politischen Dialoges sieht, der es erlaubt, ein wirklich demokratisches Szenario zu erreichen.

Batasuna wird sich trotz allem weiterhin für den politischen und sozialen Wandel in Euskal Herria (dem Baskenland) einsetzen, für eine Demokratie in Grossbuchstaben, für einen Prozess des Dialogs und der Verhandlung, der ein neues Szenario des Friedens für alle in diesem Land eröffnet.

Die bessere Antwort, über die juristische hinaus, ist die Arbeit daran, der sozialen Mehrheit, die einen politischen und sozialen Wechsel in Euskal Herria wünscht, einen politischen Weg zu öffnen.

Wir bekräftigen vor der Europäischen Gemeinschaft unsere überzeugung, dass der baskische Konflikt keine andere Lösungsmöglichkeit hat als den inklusiven Dialog und die politische Verhandlung. Ein Szenario ohne Gewalt und ohne Spannung ist nötig, in dem alle Seiten übereinstimmen, dass die Bürgerinnen und Bürger des Baskenlandes das demokratische Recht besitzen, über ihre Zukunft zu entscheiden, so und wie derzeit auch die europäischen Bürgerinnen und Bürger aus Irland, Schottland, den Färöer Inseln, Grönland, Flandern und andere.

Die Beschränkung unserer Rechte kann niemals ein Weg sein, der uns den Frieden bringt. Aber trotz aller Schwierigkeiten, die man uns auferlegt, bekräftigen wir unseren Willen, einen dauerhaften und gerechten Frieden in diesem letzten europäischen Konflikt zu erreichen. Dieses Ziel werden wir verfolgen.


Abteilung für Internationale Beziehungen
03-07-09


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