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Zwei Monate interniert wegen Gründung einer demokratischen Wahlliste:

Endlich wieder frei!

Von Uschi Grandel, 26.3.2009

Die acht Aktivistinnen und Aktivisten der baskischen Unabhängigkeitsbewegung, die im Januar dieses Jahres auf Anordnung des Richters Baltasar Garzón des Sondergerichts "Audiencia Nacional" verhaftet worden waren und sich seitdem auf Anordnung eben dieses Richters in vorläufiger Haft befanden, sind wieder frei. Die 2. Kammer des Sondergerichts hob die angeordnete Haft gegen eine Kaution von 6000,00 € auf.

Ongi Etorri - Willkommen zu Hause

Die Gefangenenhilfsorganisation Pro Amnistia begrüßt die Freilassung von Amparo Lasheras, Iñaki Olalde, Arantza Urkaregi, Imanol Nieto, Eli Zubiaga, Iker Rodrigo, Hodei Egaña und Agurtzane Solaberrieta und ruft dazu auf, an den Willkommensfeiern in den jeweiligen Wohnorten teilzunehmen. Auch von unserer Seite ein herzliches "Ongi Etorri"!

Sie mahnt aber auch, dass ein beachtlicher Teil der 750 politischen Gefangenen nach wie vor wegen ihrer politischen Betätigung oder ihrer Mitarbeit in sozialen Organisationen im Gefängnis sitzt. In den Massenprozessen der letzten Jahre waren politische Aktivisten zu insgesamt Hunderten von Jahren Gefängnis verurteilt worden. Demokratische Juristenverbände in Europa fordern die Auflösung der Audiencia Nacional. Der nächste Massenprozess steht bereits an. Am 23. März 2009 veröffentlichte Baltasar Garzón die Anklageschrift gegen weitere 44 politische Aktivisten wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung". In seiner 741-seitigen Anklageschrift geht es um solch gefährliche Aktivitäten wie um die Durchführung politischer Veranstaltungen, um Pressekonferenzen und Wahlkampfunterstützung. Etliche der Angeklagten sind seit über einem Jahr "vorläufig inhaftiert", also ohne Anklage interniert.

Nicht nur ihrer politischen Rechte beraubt

Die Freude über die Entlassungen lässt den Skandal nicht vergessen, den der Grosseinsatz von 300 Polizisten an jenem 23. Januar 2009 darstellte. Im Morgengrauen holten maskierte Polizisten acht politischen Aktivisten wegen Gründung einer demokratischen Wahlplattform aus ihren Betten und durchsuchten über zwanzig Wohnungen.

"Seit gestern sind Amparo Lasheras, Iñaki Olalde, Arantza Urkaregi, Imanol Nieto, Eli Zubiaga, Iker Rodrigo, Hodei Egaña und Agurtzane Solaberrieta - im Gefängnis Soto de Real in Madrid inhaftiert. Acht Personen mit Familie, mit Namen, die vielen Menschen bekannt sind und die von vielen hoch geachtet werden, sind von heute auf morgen nicht nur ihrer politischen Rechte beraubt, sondern ihrer gesamten Arbeit und ihrer Lebensplanung. In einer makaberen Lotterie hat der spanische Innenminister gemeinsam mit dem Sondergerichtshof Audiencia Nacional entschieden, gegen diese acht Personen vorzugehen. Ihr Delikt ist einzig und allein ihre Entscheidung, für die Wahlen (zur baskischen Regionalregierung) am 1. März zu kandidieren. Wenn sich Personen aus dem Umfeld der linken Unabhängigkeitsbewegung dazu entscheiden, ist es für den Richter Baltasar Garzón klar, dass sie hierbei den Befehlen der ETA folgen. Irgendeinen Beweis, dass jemand so einem Befehl gefolgt sei oder dass so ein Befehl existiere, gibt es nicht. Aber wen schert das schon? ..." kommentiert Iñaki Iriondo in der baskischen Zeitung GARA diese Polizeiübergriffe.

Das politische Ziel der Verhaftungen und der Hausdurchsuchungen war die Vorbereitung des Verbots der im Januar neu gegründeten Wahlliste D3M. Ihr Verbot erfolgte im Eilverfahren im Februar und raubte der linken Unabhängigkeitsbewegung ihre Sitze im Regionalparlament. Trotz der Verhaftungen und einer Polizei, die aggressive Jagd auf Wahlmaterial und dessen Verteiler machte, trotz einer Schmutzkampagne der spanischen Medien gegen D3M, folgten über 100.000 Wähler und Wählerinnen dem Aufruf der Wahlliste, bei der baskischen Regionalwahl am 1. März die Stimmzettel der von der Wahl ausgeschlossenen Partei D3M in die Urne zu werfen und damit zwar ungültig zu wählen, den Anspruch auf Präsenz in den Institutionen aber zu dokumentieren.

Verhaftet wegen politischer Aktivitäten

Die Anwältin Jone Goirizelaia erklärt, dass das Gericht akzeptiert habe, dass eine Fluchtgefahr der nach wie vor im Fadenkreuz des Richters Baltasar Garzón stehenden Aktivisten nicht erkennbar sei. Damit folgte es de facto der Argumentation der Verteidigung, dass die Verhaftungen wegen offener politischer Aktivitäten ihrer Mandanten erfolgt waren.

Auf Gefängnisse in ganz Spanien verteilt

Wie alle anderen baskischen politischen Gefangenen waren auch die D3M Aktivisten der spanischen Politik der "Zerstreuung baskischer Gefangener" unterworfen. Sie wurden auf Gefängnisse in ganz Spanien verteilt, lediglich ein einziges davon weniger als 200 km vom Baskenland entfernt. Eli Zubiaga war in Cordoba im Süden Spaniens inhaftiert, in 800 km Entfernung vom Baskenland. Die Professorin Arantza Urkaregi aus Bilbo war über 600 km von ihrem Wohnort entfernt im Westen Spaniens interniert. Man kann sich die Belastung für die Familien vorstellen, die jede Woche solche Entfernungen bewältigen, in diesem Fall nur wenige Wochen, in anderen Fällen über Jahrzehnte hinweg. Diese Zerstreuung belastet nicht nur die Familien, sondern macht eine gemeinsame Verteidigung durch baskische Anwaltskollektive zu einer logistischen Herausforderung, weil Besuche mit horrenden Anfahrtszeiten und Kosten verbunden sind.

Foto: Die Journalistin Amparo Lasheras war Spitzenkandidatin der erst im Januar gegründeten Liste D3M für die baskische Provinz Araba und eine der Sprecherinnen von D3M. Nur Tage nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt für D3M wird sie im Morgengrauen in ihrer Wohnung abgeholt. Zwei Monate verbringt sie in Haft im Gefängnis von Valladolid, über 200 km von ihrem Wohnort Gasteiz (span: Vitoria) entfernt.


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