>>>> Informationen und Links zum spanisch-baskischen Konflikt
Am 1. März 2009 wird in den zur CAV (Comunidad Autonoma Vasca) zusammengefassten drei baskischen Provinzen
ein neues Regionalparlament gewählt. Die spanische Regierung hat den obersten Gerichtshof aufgefordert,
die beiden baskischen Wahllisten Askatasuna (Freiheit) und D3M (Demokratie für drei Millionen - bezogen
auf die Einwohnerzahl des Baskenlandes) zu verbieten. Der oberste Gerichtshof fällt sein Urteil in Kürze.
Am Donnerstag, den 5. Februar 2009 veröffentlicht der UNO Sonderbeauftragte für die Einhaltung von
Menschen- und Bürgerrechten einen Bericht, in dem er von der spanischen Regierung klarere Grenzen für den
Entzug politischer Grundrechte und mehr Schutz der betroffenen Personen fordert. Nach Einschätzung von
Julen Arzuaga, Anwalt der baskischen Menschenrechtsorganisation Behatokia, ist der Zeitpunkt der
Veröffentlichung des UNO-Berichts kein Zufall. Er zeigt die Besorgnis des UNO-Sonderbeauftragten über die
Menschen- und Bürgerrechtssituation im Baskenland, insbesondere über die erneuten Verbote von Parteien und
Organisationen kurz vor einer Wahl im Schnellverfahren.
UNO mahnt Spanien:
Kandidaturen zu Wahlen nicht leichtfertig verbieten
Iñaki IRIONDO | GASTEIZ | GARA, 6.2.2009
(
Link zur Originalversion in spanischer Sprache
)
Der Sonderbeauftragte der UNO Menschenrechtskommission veröffentlichte am 5. Februar 2009 einen Bericht,
in dem er sich über die Leichtigkeit, mit der der spanische Staat Verbote von (baskischen) Parteien und
Wahllisten betreibt, höchst alarmiert zeigt. Grund zur Sorge sind vor allem die vagen und vielfältigen
Bestimmungen, auf Grund derer das spanische Parteiengesetz ein Verbot politischer Organisationen erlaubt.
Der Sonderbeauftragte der UNO für den Schutz von Menschen- und Bürgerrechten im Kampf gegen den Terrorismus,
Martin Scheinin, veröffentlichte einen neuen Bericht über seine „Mission in Spanien (als Ergebnis seines
Spanienbesuchs im Mai 2008)“. Zusätzlich zu den Themen, die er bereits in seinem Bericht vom 27. Oktober
adressierte, zeigt er sich insbesondere alarmiert über die vagen Formulierungen der entsprechenden Paragraphen
des Parteiengesetzes (Ley Orgánica de Partidos Políticos), die in vielen Fällen Verbote politischer Parteien
und Wahllisten erlauben, während gleichzeitig die Verfahrensweise den Betroffenen keine ausreichende
Prozess-Sicherheit biete. Dies ist im Moment von besonderer Bedeutung, da Wahlen anstehen und juristische
Verfahren eingeleitet wurden, um die Teilnahme zweier (baskischer) Wahllisten (der Partei Askatasuna und
der Wahlliste D3M) an den Wahlen am 1. März 2009 zu verbieten.
Einschränkung fundamentaler Rechte
Der Sonderbeauftragte sieht sich genötigt, „nochmals zu wiederholen, dass Anti-Terror-Maßnahmen nicht dazu
benutzt werden dürfen, die Rechte von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs), Medien oder politischen Parteien
zu beschneiden. Jede Maßnahme, die die Ausübung fundamentaler Rechte einer demokratischen Gesellschaft
beeinträchtigt, darf nur unter Einhaltung präziser Kriterien auf gesetzlicher Grundlage, in Übereinstimmung
mit den Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und der Notwendigkeit erfolgen.“
In seinem Bericht für den Menschenrechtsausschuss der UNO versichert der Sonderbeauftragte, „er sei sich der
komplexen Situation in Spanien bewusst, in der die ETA in der Lage sein könne, zusätzlich zu ihrem bewaffneten
Flügel einige unbewaffnete Organisationen zu lenken und zu benutzen“. Trotzdem habe er „Bedenken über die
Definitionen, die hier dem Konzept einer ‚terroristischen Organisation’ zugrunde liegen, weil sie keine
aus¬reichende Präzision bieten und auch auf Aktivitäten angewendet werden können, die außerhalb terroristischer
Verbrechen liegen“. Dies sei „insbesondere in einem Kontext von Bedeutung, in dem Aktivitäten verschiedener
Gruppen, darunter Medien, politische Gruppen und basisdemokratische Organisationen wegen angeblicher
Verbindungen zu Terroristen strafrechtlich verfolgt werden“.
Zu viele Möglichkeiten für ein Verbot
Wortwörtlich schreibt der Sonderbeauftragte, er sei „beunruhigt darüber, welche Vielfalt an Bestimmungen“
des Parteigesetzes Verbote möglich machen. Denn diese Bestimmungen „können so interpretiert werden, dass
sie auch für jede politische Partei zutreffen, die mit friedlichen Mitteln ähnliche politische Ziele verfolgt,
wie terroristische Gruppen.“
In diesem Zusammenhang „empfiehlt der Sonderbeauftragte Spanien nachdrücklich, die unbestimmten Formulierungen
des Parteiengesetzes (Ley Orgánica de Partidos Políticos) so zu ändern, dass sie internationale Prinzipien,
die bei jeder Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung beachtet werden müssen, erfüllen“.
Wählergruppen
Von besonderer Bedeutung für die aktuelle politische Situation, in der die Staatsmaschinerie die Verbote
zweier Wahllisten vorbereitet, ist die Auseinandersetzung der UNO mit den juristischen Maßnahmen, „die dazu
gedacht sind, politische Listen an der Kandidatur zu einer Wahl zu hindern, insbesondere wenn dies mit
Verbindungen zu politischen Parteien begründet wird, die ihrerseits wegen ihrer Verbindung zu einer
terroristischen Organisation verboten wurden.“ Für die von solchen Maßnahmen bedrohten Personen fordert
der UNO-Sonderbeauftragte „auf die bestmöglichste Art und Weise Schutz und Verfahrenssicherheit“. Er
ergänzt, dass „dies von besonderer Wichtigkeit sei, wenn es sich um Wahllisten handelt, die sich nur dazu
gegründet haben, um an Wahlen teilzunehmen und für die es deshalb kein belastendes Material über frühere
Aktivitäten dieser Gruppierung gibt.“
Übersetzung: Uschi Grandel, 8.2.2009 (leicht gekürzt, Erläuterungen in Klammern)
Webseite: Baskenland Information - http://www.info-baskenland.de/
Für Solidarität mit dem Baskenland arbeitet die Gruppe
"Euskal Herriaren Lagunak - Freundinnen und Freunde des Baskenlands", in der wir
ebenfalls mitarbeiten. Die Webseite "Baskenland Info" ist seit Anfang
des Jahres online, enthält bereits aktuelle Informationen und wird regelmässig aktualisiert.