Andersontown News, August, 16, 2002, http://www.irelandclick.com/
Acht Frauen verloren ihr Leben als der Konflikt in Ardoyne Einzug hielt
Serie zum Buch "Ardoyne - The Untold Truth"
In diesem zweiten Teil der Serie zum neuen Buch "Ardoyne - the Untold Truth" werfen
wir einen Blick auf das Leben der acht Frauen, die umgekommen sind.
Acht Frauen verloren ihr Leben als Folge des Konflikts in Ardoyne, liessen Kinder
ohne Mütter, Ehemänner ohne ihre Frauen, Mütter und Väter ohne die Tochter zurück.
Obwohl viele Frauen aktiv am Konflikt beteiligt waren, Organisationen beitraten,
um ihren Bezirk zu verteidigen, waren es die unbeteiligten Frauen - die ihrer täglichen
Arbeit nachgingen - die Opfer des Krieges in Ardoyne wurden.
Das erste weibliche Opfer war Sarah Worthington, die während der Operation Demetrius
umgebracht wurde. Die Operation Demetrius war der Auftakt der Internierungen am 9.
August 1971. Die 50-jährige protestantische Frau lebte in Velsheda Park und hatte neun
erwachsene Kinder. Sie wurde von der britischen Armee erschossen, kurz bevor sie das
Haus räumte, um die Gegend zu verlassen. Sie war eine von 200 protestantischen Familien,
die ihre Häuser verliessen und die sie nach dem Verlassen in Brand steckten.
Sarah Worthington’s Tochter Sarah Baillie erzählt, wie sie in das Haus ihrer Mutter kommt,
und mit dem schrecklichen Anblick ihrer Mutter konfrontiert wird, die tot auf dem
Küchenboden liegt.
“Ich sah meine Mutter sofort, wie sie auf ihrem Rücken auf dem Boden in der Küche lag.
Ihr Kopf lag in Richtung der Hintertür, während die Füsse in Richtung des Wohnzommers
zeigten.”
Gegen den Soldaten, der sie erschossen hatte, wurde weder eine interne Untersuchung noch
ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Die zweite Frau, die ihr Leben verlor, war die 20-jährige Margaret McCorry,
die von der IRA erschossen wurde, als diese einen Convoi der britischen Armee
auf der Crumlin Road angriff - fünf Tage vor Weihnachten 1971.
Das wunderschöne Mädchen mit den fröhlichen Augen und dem gewinnenden Lächeln
stand kurz vor ihrer Hochzeit mit ihrem amerikanischen Freund. Sie ging die
Butler Street entlang und war auf dem Weg zu ihrer Tante, um ihr von der
bevorstehenden Hochzeit zu erzählen, als ein Schütze, der aus einem Haus
heraus schoss, sie traf.
Die Geschwister von Margaret erzählen, wie tief der Tod ihrer Schwester die Eltern
William and Catherine getroffen hat.
“Man sagte uns, der Familie sei eine Entschuldigung übermittelt worden.
Sie hätten wenigstens eine schriftliche Entschuldigung überreichen sollen, das
war in jenen Tagen üblich, wir haben jedoch nie etwas schriftliches erhalten.
Ich denke aber, für eine solche Entschuldigung ist es nun zu spät, sie würde
nicht mehr helfen.
“Meine Mami hat uns aufgefordert, ihnen zu vergeben, weil sie ihnen auch vergeben
habe, unabhängig davon, wer es war. Wir waren erschüttert von ihrem Tod, erschüttert,
total schockiert und verletzt. Es war nicht nur die Schwester, die getroffen wurde,
es war die ganze Familie.”
Elizabeth McGregor war eine 76-jährige Frau, die am 12. Januar 1973 von einem Schützen der
britischen Armee erschossen wurde.
Sie war allgemein bekannt als "hart arbeitende Frau, die für ihr Leben gern Wetten
abschloss." Ihr einziger Sohn Barney starb im Alter von zwei Jahren und als ihr
Mann starb, blieb sie allein.
Sie wurde um 11 Uhr vormittags erschossen, als sie vom Einkaufen zurückkam. Sie hatte Brot
und eine Zeitung besorgt. Der Schütze der britischen Armee schoss sie in den Kopf, als sie
sich gerade mit einem Bekannten unterhielt. Als sie sich am Boden krümmte, schoss er sie noch
einmal in den Körper. Ihr Neffe Anthony Fogarty sagt, die britische Armee habe der Familie
keine Erklärung zukommen lassen.
“Sie sagten lediglich, sie hätten gedacht, es handele sich um einen bewaffneten Mann.
Meine Mutter war sehr wütend, sie sagte: "Was hat sie wohl vorgehabt, sie mit dem Brot
zu erschiessen?" Die britische Armee hat sich mit dieser Erklärung bei uns jedoch nie
blicken lassen.
“Meine Mutter erhielt einen Brief des befehlshabenden Offiziers der Kompanie, in dem stand,
es tue ihm sehr leid, was passiert sei, aber wir haben keinerlei weitere Informationen
erhalten. Meine Tante wurde erschossen, beerdigt und das wars."
“Es wurde ein Protokoll angefertigt, dass sie während einer Schiesserei erschossen
wurde, aber da war keine Schiesserei."
Martha Lavery wurde am 5. August 1974 während einer Schiesserei, die vor ihrem Haus
in der Jamaica Street stattfand, erschossen. Sie saß gerade mit ihrem Sohn und dessen
sechs Kindern vor dem Fernseher. Sie hatte die Erziehung der Kinder übernommen, als
die Mutter gestorben war. Man nimmt an, es war eine Schiesserei zwischen der
Official IRA und der britischen Armee. In ihrem Untersuchungsbericht sagte die RUC,
die Kugel, die die 67-jährige getötet hatte, sei "vermutlich" eine Kugel der britischen
Armee gewesen. Die Official IRA bestritt, die alte Frau getötet zu haben. So wurde ihr
Tod zu einem der vielen ungeklärten Fälle des Konflikts.
Ihr Enkel Lavery, der miterleben musste, wie seine Großmutter getötet wurde,
beschreibt das schreckliche Ereignis im Wohnzimmer der Familie.
“Als die Schiesserei losging, schrie mein Vater, wir sollten uns alle auf den
Boden legen. Die meisten Enkelkinder waren zu der Zeit im Haus. Martha ging auf Händen
und Knien zu Boden. Kurz darauf sagte sie 'Ich bin getroffen' und fiel flach auf den
Boden. Die Familie stand unter Schock, etliche fingen an zu schreien und zu weinen,
sie zogen meine Grossmutter in die Mitte des Zimmers.
Immer noch hörten wir Schüsse. Einige von uns rannten auf die Strasse und schrien, dass
Martha angeschossen sei; sie schlugen an die Türen der Nachbarn, um Hilfe zu erhalten.
Auch ich versuchte, nach aussen zu gelangen. Im Vorraum war ein Soldat, der völlig
hysterisch war.
Er fing an, wie wild auf die andere Seite der Strasse zu schiessen. Ich war damals
nur ein Kind und flehte ihn an, aufzuhören. Soweit ich mich erinnern kann, versuchte
kein einziger britischer Soldat, meiner Grossmutter medizinische Hilfe zu geben, während
sie noch im Haus war."
Christine Hughes, Mutter von acht Kindern, war erst kürzlich nach Ardoyne gezogen, nachdem
Loyalisten sie und ihren Ehemann, Freddie Hughes, aus ihrem Haus in Greenisland vertrieben
hatten. Das Paar, das ursprünglich aus New Lodge kam, zogen mit ihren Kindern, vier Jungs
und vier Mädchen, in die Mountainview Parade.
Tina, wie sie genannt wurde, war eine ruhige Frau, mit starkem Familiensinn und tief
religiös. Ihr Mann Freddie war Manager des Clubs 'Star' in Ardoyne. Man geht davon aus,
dass bewaffnete IRA
Mitglieder in der Annahme ins Haus kamen, die Bewohner seien Mitglieder der britischen
Streitkräfte. Sie erschossen Christine Hughes. Sie war gerade dabei, mit ihren Kindern die
Wohnung für Weihnachten zu schmücken. Ihr Ehemann Freddie Hughes beschreibt den Tod seiner
Frau, die er als 'ruhige, gute Frau' preist:
“Christine wurde in einer Nacht am Sonntag ermordet - am 21. Dezember 1975.
Ich hatte das Haus um 18.00 verlassen, um in den Star zum Arbeiten zu gehen.
Etwa um 20.00 wurde die Tür eingeschlagen.
“Christine war gerade dabei, die Tür in der Halle zu steichen. Als die Tür eingeschlagen
wurde, rannte sie offenbar ins Wohnzimmer. Dort wurde sie auch erschossen, direkt neben
dem Kamin. Ich glaube, es fiel nur ein Schuss und soweit ich informiert bin, wurde kein Wort
gewechselt.
“Meine Kinder erzählten nicht, dass irgendetwas gesprochen wurde. Meine Tochter
rannte aus dem Haus auf die Strasse. Ich hatte Christine erzählt, ich käme früher
nach Hause. So kam meine Tochter reingerannt und schrie und heulte, dass auf ihre
Mutter geschossen worden sei. Ich wurde zum Mater Krankenhaus gebracht.
Die Ärzte waren bei ihr, aber bereits nach zehn Minuten kamen sie heraus und sagten,
sie sei gestorben. Niemand übernahm die Verantwortung für ihren Tod. Die Situation
war für mich sehr schmerzlich. Ich weiss nicht, wer es war. Ich kann mich nur auf andere
Leute verlassen, die sagten, es sei die IRA gewesen. Ich war nie in eine Konfrontation
oder ähnliches verwickelt und habe keine Ahnung, warum sie an meine Tür kamen und meine
Frau erschossen. ”
Die jüngste der weiblichen Opfer aus Ardoyne war die 14-jährige Geraldine McKeown.
Sie war das jüngste der vier Kinder von Patrick und Patricia McKeown und ihr
einziges Mädchen. Ihr Vater war im zweiten Weltkrieg in der RAF. Sie waren mit
Gewalt aus (dem überwiegend loyalistischen) Rathcoole vertrieben worden, kamen bei
verschiedenen Leuten unter, bis sie endlich eine Wohnung in Mountainview Gardens
fanden.
Am 6. Dezember 1976, kurz nachdem ihr Bruder verhaftet worden war, er wurde in Crumlin
Road Gefängnis festgehalten, kamen zwei Killer an die Tür des Hauses.
Dena, wie sie genannt wurde, wartete auf eine Freundin. Sie wurde zweimal in den Kopf
geschossen, als sie aus ihrem Fenster sah.
Die kleine Freundin, auf die sie gewartet hatte, war Kate McCurdy.
“Dena wusste, was um sie herum los war, gerade weil ihr Bruder im Gefängnis war.
Sie hatte Angst, dass was passiert. Ich erinnere mich, dass ich nach ihrem Tod
während der Totenwache ein paar Tage in ihrem Haus übernachtete. Ich war in ihrem Zimmer
und fand Briefe von Geraldine, in denen sie schrieb 'Ich habe Angst, zu sterben.'",
sagte sie.
Colette Meek wurde von der IRA am 17. August 1980 erschossen. An diesem Wochenende ist der
22. Jahrestag.
Die Mutter von vier Kindern stand in ihrer Einfahrt, als die IRA eine RUC Patroullie
überfiel. Die IRA entschuldigte sich später dafür, die 47-jährige Frau erschossen zu haben.
Ihre Tochter Claire Meek beschreibt den Verlust ihrer Mutter, die eine Unterstützerin der
'Peace People' war:
“Es war eine fürcherliche Leere nach ihrem Tod. Es war so unwirklich. Du dachtest
noch lange Zeit später, sie müsse jetzt gleich zur Tür reinkommen. Die IRA hat die
Verantwortung übernommen. Sie sagten, es täte ihnen leid und es sei nicht beabsichtigt
gewesen. Das macht mich wütend. Ich habe meine Mutter nie kennengelernt. Ich musste auf
sie verzichten, als ich aufgewachsen bin. Sie war das beste in der Welt; sie war meine
Mutter."
Die letzte Frau, die sterben musste, war Isabel Leyland. Sie war zu Besuch daheim
aus England. Sie wurde erschossen, als die IRA eine britische Armeepatroullie in der
Flax Street angriff. Ruby, wie sie liebevoll genannt wurde, wohnte bei ihrer Mutter
in Northwick Drive. Sie war mit ihrer Nichte Jolene McAllister, die
an diesem Tag ihren elften Geburtstag feierte, unterwegs, um Fotos abzuholen.
“Gerade als wir um Ecke in die Flax Street einbogen, sahen wir Jim Clarke und sagten
'Hallo'. Dann hörte ich einen Knall und Isabel drückte mich zu Boden.
“Es knallte noch zweimal. Ich hatte nie zuvor Schüsse gehört, daher wusste ich nicht,
was das war. Dann hörte ich 'Ich bin getroffen' und eine weitere Stimme, die sagte
'Ich bin auch getroffen'. Ich sah hoch und sah, wie Blut aus Isabels Mund kam”
erzählt Jolene.
Journalist: Andrea McKernon, andrea@irelandclick.com